Formular für Anfragen

Newsletter Anmeldung

BSVÖ: Steigerung gefordert! Bericht der KommAustria zur Barrierefreiheit 2021 zeigt Defizite auf

Verpasste Ziele in der Barrierefreiheit

  • TV © unsplash/Z. Vessels

Die Umsetzung der EU-Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste (AVMD) beschäftigte schon Türkis-Grün; nun veröffentlichte die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) den ersten Bericht zur Barrierefreiheit in audiovisuellen Medien. Mit ernüchterndem Ergebnis.

Sehen, Hören, Weiterzappen?

Barrierefreiheit bedeutet heruntergebrochen, dass alle teilhaben können und nicht aufgrund baulicher, technischer, digitaler, etc. Barrieren von ihren Vorhaben abgehalten werden. Mit der EU-Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste wurden auch Medienanbieter in die Pflicht genommen, die sich bisher nicht um die barrierefreie Aufbereitung ihrer Inhalte gekümmert haben. So sahen sich neben Privatfernsehsendern auch Streaming- oder Videoplattformen dazu aufgefordert, dazu Sorge zu tragen, dass niemand durch fehlende Barrierefreiheit diskriminiert und von einer gleichwertigen Teilhabe ausgeschlossen wird. So zumindest die Theorie.

Dr. Markus Wolf, Präsident des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Österreich (BSVÖ) bringt es noch einmal auf den Punkt:

"Barrierefreiheit" bedeutet nicht: entweder Untertitel, Audiodeskription oder Gebärdensprache! Barrierefrei ist ein Programm erst dann, wenn alle es gleichberechtigt und vollwertig konsumieren können.

Die audiovisuelle Mediendienstrichtlinie gilt also auch für private Fernsehprogramme und ein audiovisuelle Internetangebote, sofern die Mediendienstanbieter:innen mit ihrem Angebot im jeweils vorangegangenen Jahr nicht unter 500.000 Euro Umsatz erzielt hatten oder das Angebot auf lokale oder regionale Ebene beschränkt ist.

In Österreich bestehen die gesetzlichen Grundlagen für audiovisuelle Barrierefreiheit unter anderem im Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk (ORF-G) und im audiovisuellen Mediendienstegesetz (AMD-G).

Langer Anlauf

Als am 10.12.2020, also am Tag der Menschenrechte der Nationalrat ein Gesetzespaket beschloss, das zukünftig Mediendienste dazu verpflichtet, das barrierefreie Angebot zu erweitern und auszubauen, waren die Hoffnungen hoch. Auch der Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich (BSVÖ) begrüßte den Beschluss zur Umsetzung der AVMD als Schritt, der zu gleichberechtigter Teilhabe führen soll, denn fehlt Audiodeskription oder werden Inhalte nur visuell vermittelt, bedeutet das, dass das Angebot nur eingeschränkt genutzt werden kann und Menschen mit Behinderungen ausgegrenzt werden.

Geplantes und Umgesetztes

Der Bericht der KommAustria schlüsselt die Aktionspläne für 15 Programme verschiedener Medienanbietern sowie die geplante Barrierefreiheitssteigerung des ORF auf und fasst in der Stellungnahme über weitere Verbesserungen der barrierefreien Zugänglichkeit zusammen, dass vor allem im Bereich der Unterhaltung das größte Angebot bestehe.

Besonders bedenklich ist der Umstand, dass im Bereich Information noch großer Steigerungsbedarf besteht. Hierzu heißt es:

Interessant ist auch, dass die Kategorie Information in nur vier Programmen von insgesamt zwei Mediendiensteanbietern eine Steigerung des barrierefreien Anteils erfährt. Dies schränkt die Möglichkeiten von Menschen, die auf barrierefreie Inhalte angewiesen sind, sehr ein, wenn sie sich informieren möchten. § 30a Abs. 1 AMD-G sieht vor, dass Aufrufe in Krisen- und Katastrophenfällen zwar jedenfalls barrierefrei zu sein haben. Was die übrigen Informationsangebote angeht, ist lediglich der ORF verpflichtet, gewisse Programme barrierefrei zugänglich zu machen. 

(Bericht zur Barrierefreiheit 2021 der KommAustria, Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH [Hg.], S. 29)

Auch im Bereich Bildung sowie Kunst und Kultur fehlt der barrierefreie Ausbau – nur zwei Programme nehmen hier eine Steigerung vor.

Die Gründe, weshalb nicht alle Medienanbieter die vorgegebenen Ziele erreicht haben, liegen laut der eingelangten Berichte darin, dass das Gesamtvolumen des Programms die ursprünglichen Sendewerte überschritten habe und durch COVID-19 weniger neue Sendungsinhalte produziert wurden. In allen Fällen solle die Nichterfüllung im kommenden Jahr kompensiert werden.

Steigerung gefordert!

Der Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich (BSVÖ) kritisiert das Fehlen barrierefreier Inhalte im privaten Sektor sowie im öffentlich rechtlichen Rundfunk seit Jahren und verwies auch in verschiedenen Kooperationen und Gremien konstant auf die Wichtigkeit, Inhalte für alle Menschen gleichwertig zur Verfügung zu stellen. Blinde und sehbehinderte Menschen sind durch Programme, die ohne Audiodeskription gesendet werden von einer gleichberechtigten Teilhabe am kulturellen, sozialen und gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen.  

Weiterführende Links

Bericht zur Barrierefreiheit 2021 als Download: https://www.rtr.at/medien/aktuelles/publikationen/Publikationen/Barrierefreiheitsbericht2021.de.html

Webseite der KommAustria: https://www.rtr.at/medien/startseite_medien.de.html

BSVÖ-Bericht: Audiovisuelle Mediendienste sollen barrierefrei werden: https://www.blindenverband.at/de/aktuelles/967/Audiovisuelle-Mediendienste-sollen-barrierefrei-werden

 

 

zurück