Von Rechten, Pflichten und Chancen: Die UN-Behindertenrechtskonvention im Fokus
Teil I
Die UN-Behindertenrechtskonvention feiert bald ihren 16. Geburtstag. Am 13. Dezember 2006 von der UN-Generalversammlung in New York verabschiedet, trat das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen wie es offiziell heißt (meist UN-Behindertenrechtskonvention oder noch kürzer: BRK) am 3. Mai 2008 i Kraft. Im September des selben Jahres ratifizierte sie auch Österreich und verpflichtete sich somit zu ihren Inhalten. Für Menschen mit Behinderungen und Behindertenorganisationen weltweit stellt die BRK eine äußerst bedeutende Grundlage dar, schließlich sind in ihr Rechte gesichert, die allen Menschen ein selbstbestimmtes und chancengleiches Leben ermöglichen sollen. Dass es in der gelebten Praxis und der Umsetzung jener Rechte noch immer zu Lücken, Schwachstellen und Diskriminierungen kommt, ist aber leider auch Lebensrealität von Menschen mit Behinderungen. Der Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich setzt sich österreichweit dafür ein, ebenjene Lücken aufzuzeigen und sie Entscheidungsträger:innen aber auch der Öffentlichkeit bewusst zu machen. Gemeinsam mit der Europäischen Blindenunion (EBU) nehmen wir die BRK in den Fokus und widmen uns verschiedenen Aspekten dieser bedeutenden und wegweisenden Konvention!
Die UNBRK und die EBU – Rechte werden Wirklichkeit
Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und dessen Fakultativprotokoll stellen eine bahnbrechende, umfassende Menschenrechtskonvention sowie ein internationales Entwicklungswerkzeug dar und bilden das Herzstück der Behindertenrechtsbewegung. Wir sollten uns auch vergegenwärtigen, dass es ein rechtsverbindliches Instrument zur Wahrung und Förderung von Rechten und der Würde behinderter Menschen darstellt. Die Konvention wurde am 13. Dezember 2006 am Sitz der Vereinten Nationen in New York angenommen und trat am 3. Mai 2008 in Kraft. Aktuell haben 177 Länder die UNBRK und 92 Länder das dazugehörige Fakultativprotokoll ratifiziert.
Natürlich war die UNBRK von Anfang an ein Eckpfeiler der Arbeit der EBU, und wir haben nicht nur einen Großteil unserer Arbeit auf die darin verankerten Rechte ausgerichtet, sondern uns auch speziell mit dem Vertrag selbst befasst und damit, wie dieser unsere Mitglieder bei ihrer eigenen Kampagnen- und Lobbyarbeit auf internationaler, nationaler, lokaler und sogar individueller Ebene unterstützen kann.
Unsere anfängliche Arbeit an der UNBRK bestand darin, eine Reihe von Erklärungen zu erstellen, die die Bedürfnisse und Merkmale blinder und sehbehinderter Menschen in Bezug auf bestimmte Artikel der UNBRK definieren. Dafür wurden sechs Artikel ausgewählt, und im Anschluss haben EBU-Experten Jahr für Jahr Fragebögen zu verschiedenen Artikeln erstellt, die an unsere Mitglieder geschickt wurden, um zu ermitteln, wie die UNBRK in den Teilnehmenden Ländern in unterschiedlichen Bereichen angewandt wurde. Aus diesen Artikeln haben wir unsere so genannte Gesetzesdatenbank erstellt (Englisch. Sie hat verschiedene Einstiegspunkte, darunter eine länder- und/oder artikelspezifische Suchfunktion sowie eine Liste, in der alle Antworten Artikel für Artikel zusammengefasst sind. Dabei ist zu beachten, dass diese Antworten eine Momentaufnahme der Gesetzgebung zu dem Zeitpunkt darstellen, zu dem die Fragebögen verschickt wurden, und dass die Gesetze einer Entwicklung unterliegen, die hoffentlich im positiven Sinne für unsere Gemeinschaft verläuft, wobei die UNBRK als Grundlage dient.
In einer zweiten Phase beschlossen wir, analytische Berichte zu erstellen, in denen die Antworten der einzelnen Länder zu bestimmten Artikeln in der Datenbank verglichen und zusammengefasst werden. Dadurch ist eine bessere Vergleichbarkeit der behandelten Themen gewährleistet, was das Verständnis vereinfacht. Analytische Berichte sind für 6 der Artikel verfügbar.
Im Jahr 2017 haben wir ein Dokument mit dem Titel „Ein neuer Blick auf unsere Menschenrechte“ erstellt (Englisch), in dem die in der UNBRK verankerten Rechte erläutert werden und was diese in der Praxis für Menschen mit Behinderungen im Allgemeinen und für blinde und sehbehinderte Menschen im Besonderen bedeuten. Dieses Dokument wurde nach und nach übersetzt und ist nun über den obigen Link in Estnisch, Französisch, Italienisch, Deutsch, Polnisch, Kroatisch, Montenegrinisch, Portugiesisch, Isländisch, Litauisch, Serbisch und Spanisch verfügbar.
Im Jahr 2020 haben wir dann einen Leitfaden erstellt, der praktische Informationen zur Unterstützung der Zivilgesellschaft bei der Teilnahme am Überprüfungsprozess durch das Einreichen eines Alternativberichts zur UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen enthält. Alle Informationen sind auf der speziellen Seite zur UNBRK auf der EBU-Webseite zu finden, wo es auch noch mehr relevantes Material gibt.
PARVIS (Förderung von Sensibilisierung für die Rechte sehbehinderter Menschen in einer inklusiven Gesellschaft)
Unlängst war die UNBRK der Eckpfeiler des von der EBU geleiteten Sensibilisierungsprojekts PARVIS (Promoting Awareness on the Rights of Visually Disabled People in an Inclusive Society). Um unsere Arbeit mit der und über die UNBRK zu verstärken, wurden im Rahmen des Projekts beispielsweise Sensibilisierungsvideos zu bestimmten Rechten produziert, die auch die oben erwähnten Datenbankartikel ergänzen. Entsprechende Videos können zu den Artikeln 20, 21, 25, 26, 27, 29 und 30 angesehen werden. Kürzlich produzierte das Projekt ein Video mit dem Titel “Ein Tag im Leben eines Sehbehinderten - Videozusammenstellung", das die Hindernisse aufzeigt, mit denen blinde und sehbehinderte Menschen in ihrem täglichen Leben konfrontiert sind, und Lösungen zu deren Überwindung auf der Grundlage der UNBRK-Artikel 9 (Zugänglichkeit der physischen Umwelt), 19 (unabhängige Lebensführung), 20 (persönliche Mobilität), 21 (Zugang zu Informationen), 24 (inklusive Bildung), 27 (Arbeit und Beschäftigung), 29 (Recht auf Teilhabe am öffentlichen und politischen Leben) und 30 (Teilhabe am kulturellen Leben und Sport) bietet.