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Forderungen des European Disability Forum

In einem offenen Brief stellte das European Disability Forum (EDF), die Dachorganisation europäischer Behindertenverbände, Forderungen an die europäischen und nationalstaatlichen politischen Verantwortungsträger*innen in Zeiten der COVID-19 Krise. Darin finden sich wichtige Ansätze zur Kommunikation, Barrierefreiheit, Einbindung von Menschen mit Behinderungen und finanzieller Unterstützungen.

Der nachfolgende Text ist die gekürzte Übersetzung von Mag.a Gudrun Eigelsreiter, MSc, die der Homepage des Österreichischen Behindertenrats entnommen ist. Die Links zur Seite sowie zum Originaltext finden Sie am Ende des Artikels!

COVID-19 – inklusiver Ansatz für Menschen mit Behinderungen

Forderungen im Überblick:

1) Öffentliche Kommunikation zu Gesundheit muss für ALLE Menschen barrierefrei zugänglich sein: Jede Person hat das Recht, aktuelle Informationen und Verhaltensregeln bezüglich der COVID-19 Pandemie zu erhalten:

  • Informationen in Leichter Sprache und Leichter Lesen
  • Informationen in Gebärdensprachdolmetsch und mit Untertitelung
  • Nutzen von barrierefreien, digitalen Technologien
  • Sicherstellen, dass Notfallnummern (wie 112 oder andere Notfallnummer im Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie) und andere Kanäle, die öffentliche Gesundheitsinformation anbieten, vollkommen barrierefrei sind – also auch Relay- Dienste für gehörlose und schwerhörige Menschen anbieten
  • Menschen, deren Gehör und deren Sehfähigkeit eingeschränkt, benötigen z.B. Webseiten mit Angebot in Leichter Sprache und Gebärdensprachdolmetsch in einem größeren Format (also nicht nur als kleines Sichtfenster in der Ecke des Bildschirms)

2) Nicht-Diskriminierende ethische, medizinische Richtlinien:

  • In Ländern, in denen das medizinische Fachpersonal nicht mehr in der Lage ist, das gleiche Niveau an medizinischer Versorgung für ALLE zu leisten – aufgrund des Mangels an Ausrüstung und Unterfinanzierung des Gesundheitssektors – müssen medizinische Richtlinien diskriminierungsfrei sein! Sie müssen dem internationalem Recht, vorhandenen Ethikrichtlinien für medizinische Versorgung in Katastrophenfällen sowie  Art.11 der UN-BRK „Gefahrensituationen und humanitäre Notlagen“ folgen. (Ausführliches zu ethischen, medizinischen Richtlinien, kann man auf unserer Webseite, hier nachlesen: https://www.behindertenrat.at/2020/03/covid-19-keine-diskriminierung-in-den-medizinischen-richtlinien/ )

3) Barrierefreie, inklusive, hygienische Dienstleistungen und medizinische Einrichtungen:

  • Für GebärdensprachdolmetscherInnen, Persönliche AssistentInnen und alle anderen, die Menschen mit Behinderungen unterstützen, sollten die gleichen Schutzmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden, wie für Gesundheitspersonal.
  • Gesundheitspersonal sollte über die Risiken informiert werden, die Menschen mit entsprechenden Vorerkrankungen oder Behinderungen tragen – da diese sie oft noch anfälliger machen für Erkrankungen der Atemwege.
  • Die EU sollte Länder mit Mangel an persönlichen Schutzausrüstungen, mit diesen ausstatten, um weitere Infektionen zu vermeiden.
  • Menschen mit Behinderungen sollten nicht in segregierenden Einrichtungen/ Institutionen untergebracht sein, in denen die Gesundheitsversorgung, im Zusammenhang mit COVID-19 nur auf einem niedrigen Standard funktioniert. (Ausführliches zu den erhöhten, gesundheitlichen Risiken von Menschen mit Behinderungen, die in Institutionen leben, kann man auf unserer Webseite, hier nachlesen: https://www.behindertenrat.at/2020/04/edf-wohneinrichtungen-und-institutionen-werden-zu-brutstaetten-fuer-infektionen-und-misshandlung/)

4) Investition in das Angebot an Dienstleistungen und Unterstützung – Europäische Solidarität für die Stärkung essenzieller Dienstleistungen:

  • In vielen EU-Ländern sind Gesundheitssektor, sowie die Pflege- und Sozialsektoren massiv unterfinanziert. Investitionen in diese Sektoren sind aber dringend notwendig, um die durch die Krise entstandenen, erhöhten Kosten – einschließlich Medizin, Schutzmaterialien, und Überstunden des Personals – decken zu können.

5) Menschen mit Behinderungen müssen eingebunden werden

  • Menschen mit Behinderungen und die sie repräsentierenden Organisationen, verfügen über die Expertise, um PolitikerInnen zu beraten. Auch in der gegenwärtigen Krise braucht es die besten Lösungen für das Angebot an barrierefreien Dienstleistungen.
  • Bei der Planung und Umsetzung von Maßnahmen, zur Eindämmung des COVID-19 Virus müssen Menschen mit Behinderungen und ihre sie repräsentierenden Organisationen eingebunden sein.

6) Marginalisierte und isolierte Menschen dürfen nicht zurückgelassen werden

  • Menschen mit Behinderungen dürfen als Reaktion auf die COVID-19 Quarantäne nicht institutionalisiert werden! Die politischen Verantwortlichen müssen Maßnahmen ergreifen, um die Anzahl der Menschen in Wohneinrichtungen, Psychiatrien und Institutionen zu reduzieren: dabei handelt es sich nicht nur um eine Verletzung der Menschenrechte. Auch die Wahrscheinlichkeit für eine Infektion mit COVID-19 ist in Institutionen höher.
  • Wenn Wohneinrichtungen und Psychiatrien nicht geschlossen werden, sollten die politischen Verantwortlichen sicherstellen, dass strikte Hygiene und Präventionsmaßnahmen garantiert werden. Außerdem sollten regelmäßige Kontrollen stattfinden, um sicherzustellen, dass BewohnerInnen nicht Gefahren ausgesetzt werden.
  • Alle Pläne, um Frauen zu unterstützen, sollten inklusiv und barrierefrei sein und umgekehrt sollten alle Programme, die Menschen mit Behinderungen unterstützen, eine Gender-Perspektive enthalten. (Ausführliches zu den erhöhten, gesundheitlichen Risiken von Menschen mit Behinderungen, die in Institutionen leben, kann man auf unserer Webseite, hier nachlesen: https://www.behindertenrat.at/2020/04/edf-wohneinrichtungen-und-institutionen-werden-zu-brutstaetten-fuer-infektionen-und-misshandlung/ )

7) Unterstützung von Netzwerken und assistiven Technologien:

  • EU Geldern aus der „Europäische Investment Initiative zur Coronavirus Krisenreaktion“ für die Förderung von gemeindenahe Unterstützungsdienstleistungen
  • Dienste, die in Bereitstellung und Ersatz von essentiellen assistiven Technologien involviert sind, müssen vorrangig behandelt werden.
  • Die Krise und Beschränkungsmaßnahmen führen bei vielen Menschen zu einer Verschlechterung der psychischen Gesundheit und erzeugen Angst: Solidarität und Unterstützung in der Gemeinde ist für alle wichtig

8) Sicherstellen der Einkommen:

  • Behörden müssen finanzielle Maßnahmen ergreifen, die auch Menschen mit Behinderungen unterstützen (zb. durch ein umfassenderes EU-Konjunkturpaket).
  • Es muss sichergestellt werden, dass Menschen mit Behinderungen, die höhere gesundheitliche Risiken tragen, von zu Hause arbeiten können und wenn das nicht möglich ist, muss ihnen ein Sonderurlaub mit 100% ihres Einkommens ermöglicht werden
  • In vielen Ländern sind öffentlichen Dienstleistungen nicht mehr verfügbar,zb. Schließung von Bildungseinrichtungen und REHA Zentren, von Ganztagesbetreuung, etc. Es ist wichtig, dass Menschen, die nun nicht arbeiten können, weil sie ihre Familienmitglieder oder andere Personen unterstützen, weiterhin ein aktzeptables Einkommen während der Zeit der COVID-19 Pandemie erhalten

9) Sicherstellen, dass öffentliche Kommunikation zu Gesundheit respektvoll und nicht-diskriminierend ist gegenüber älteren Personen und Menschen mit Behinderungen, die zu den gesundheitlichen Risikogruppe zählen

10) Die Rechte von Frauen und Mädchen mit Behinderungen garantieren

  • Sicherstellen, dass Daten aufgeschlüsselt nach Geschlecht und Behinderung verfügbar sind. Wo möglich, sollen spezifizierte Infektionszahlen erhoben werden, sowie Infos zu Barrieren mit denen Frauen mit Behinderungen konfrontiert sind, wenn sie versuchen humanitäre Hilfe zu bekommen und Zahlen zu häuslicher und sexueller Gewalt.
  • Sicherstellen, dass Frauen mit Behinderungen, die im Gesundheitssystem, in Wohninstitutionen oder in anderen sozialen Dienstleistungsangeboten arbeiten, aufgrund der potentiellen Infektionsgefahr adäquaten Schutz erhalten. Dafür müssen wir Unterstützung bieten, um den Zugang zu Informationen über persönliche Schutzausrüstungen, für Menstruations-Hygiene-Produkte und für die Förderung von flexiblen Arbeitsmethoden zu ermöglichen.
  • Sicherstellen, dass Dienstleistungen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen mit Behinderungen bestehen bleiben und dort wo sie nicht vorhanden sind, geschaffen werden. Entwickeln von neuen, inklusiven Methoden der Dienstleistungserbringung im aktuellen Kontext und erhöhte Unterstützung für spezialisierte Organisationen für und von Frauen mit Behinderungen, um lokale und regionale Unterstützungsdienstleistungen zu erhalten.
  •  (Ausführliche Informationen zu den erhöhten Risiken von Frauen und Mädchen mit Behinderungen während der COVID-19 Krise, kann man auf unserer Webseite, hier nachlesen: https://www.behindertenrat.at/2020/04/covid-19-rechte-der-frauen-und-maedchen-mit-behinderungen-schuetzen/

11) Sicherstellen, dass Menschen mit Behinderungen zählen:

  • Gesundheitsinformationssysteme und Monitoring und neue Systeme, die zur Überwachung und Eindämmung des COVID-19 Virus genutzt werden, sollten nach Alter, Geschlecht und Behinderungen aufgeschlüsselt werden.

12) Sicherstellen, dass Menschen ohne Staatsbürgerschaft des EU-Landes, in dem sie sich aufhalten auch medizinisch behandelt und geschützt werden

Quelle: https://www.behindertenrat.at/2020/04/edf-covid-19-disability-inclusive-response/

Österreichischer Behindertenrat: www.behindertenrat.at

Originaltext (englische Sprache): http://www.edf-feph.org/newsroom/news/open-letter-leaders-eu-and-eu-countries-covid-19-disability-inclusive-response

Homepage des European Disability Forum: http://www.edf-feph.org/

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