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BSVÖ im Fokus: Barrierefreie Weihnachtszeit? Festessen und sprechende Kühlschränke

  • Fokus Weihnachtszeit © BSVÖ

Vanillekipferl, Festtagsstollen, Lebkuchen – Weihnachten ist für viele das Fest der Genüsse. Wer an den Feiertagen das perfekte Festmahl für die Familie auf den Tisch zaubern will, scheitert nicht nur an zerfallenen Grießnockerln oder verbranntem Braten: Blinde und sehbehinderte Menschen stehen nicht selten bei Herdplatten, Backöfen oder Mixern vor einem handfesten Problem. Dass diese barrierefrei bedienbar sind, ist nämlich nicht die Norm. Ist Essengehen oder Bestellen eine Alternative ohne Hürden oder bleibt man am Schluss doch hungrig?

Es gehört zu Weihnachten wie die Packerl unterm Baum: das Gefühl, schon wieder zu viel gegessen zu haben. Wer nicht kulinarisch über die Stränge schlägt, ist eindeutig in der Minderheit – für blinde und sehbehinderte Menschen kann der Grund für eine moderate Diät aber durchaus in einer Ansammlung an Barrieren liegen.

Essengehen und gut?

Auch wenn das Fest der Liebe von den meisten traditionell daheim gefeiert wird, ziehen es manche vor, bequem auszugehen. Wer das Glück hat, noch einen Platz zu ergattern, steht als blinder oder stark sehbehinderter Mensch aber rasch vor den üblichen Problemen: Speisekarten sind nur ausgedruckt verfügbar und nicht barrierefrei lesbar, der Lautstärkenpegel im Lokal macht die Orientierung im Raum und während Gesprächen schwierig, enge Speisezimmer machen den Gang zur Toilette zur Stolperpartie und wenn es ans bargeldlose Zahlen geht, kommen meist mobile Zahlungsgeräte zum Einsatz, die nur einen Touchscreen, aber keine Taster oder Sprachausgabe haben. Gerade in der Weihnachtszeit wird die Orientierung durch zusätzliche Deko, erhöhtes Aufkommen und womöglich laute Weihnachtsmusik erschwert.  

Festmahl daheim

Für die Kinder eine Qual, für die Erwachsenen Genuss: das Sitzen am Tisch und Warten auf den Weihnachtsabend – an den Festtagen biegt sich die Tafel unter allerlei Hochkalorischem. Wer die Familie und Freunde einlädt und ordentlich aufkochen will, benötigt dafür aber nicht nur organisatorisches Talent, sondern im Fall von blinden und sehbehinderten Köch:innen auch barrierefreie Haushaltsgeräte. Woran Außenstehende nämlich nicht denken, wenn sie sich eine Küche vorstellen: bedienbar wird die erst, wenn die Geräte auch taktil verwendet werden können. Das heißt in der Praxis: Dreh- und Kippschalter zum Aufdrehen und Einstellen von Temperaturen oder Programmen, hörbare oder tastbare Bedienelemente und Geräte, die nicht nur glatt, knopflos und smart sind. Der Herd, der nur mittels Touchfeld bedienbar ist, ist ebenso wertlos wie die Kaffeemaschine, bei der der richtige Kaffee nicht ohne visuelle Hinweise auskommt. Im Setting einer Küche für blinde und stark sehbehinderte Menschen macht der sprechende Kühlschrank zwar Sinn; essentiell aber ist vielmehr die Grundbedienbarkeit von Herd, Geschirrspüler, Waschmaschine und Co.

Hier nehmen wir Hersteller in die Pflicht. Nicht alle Kund:innen kommen mit schlankem, womöglich digital gesteuertem Design klar und mit Bedienelementen, die rein visuell auffindbar sind. Der gute, alte Drehknopf darf ebensowenig verschwinden wie die einfache und unkomplizierte Bedienung essentieller Gerätschaften. Sonst bleiben die Gäste hungrig.

Na dann eben bestellen …

Zugegeben, es ist nicht sehr weihnachtlich-romantisch. Aber für viele dennoch eine praktische Möglichkeit, an den Festtagen das zu bekommen, worauf sie Lust haben. Wer bestellt und sich nach Hause liefern lässt, erspart sich den Gang ins Restaurant und womöglich den stundenlangen Kochmarathon um die ausgeklügelte Festmahlzeit mit Geräten, die nicht einwandfrei bedienbar sind.

Aber auch hier muss nicht alles klappen: Wer über Apps und Programme bestellt, kann dies nur niederschwellig und fehlerfrei tun, wenn jene Programme auch wirklich barrierefrei sind. Digitale Hürden aber sind auch hier zu finden. Apps, die viele Auswahloptionen bieten, sind hier oft nicht bis zum letzten Schritt barrierefrei anzuwählen. Wer Apps ohne Bildschirm nutzt und auf Screenreader setzt, steht oftmals an, bevor die Bestellung abgeschickt ist. Hier gibt es noch viel Potenzial nach oben, auch wenn Anbieter regelmäßig an Verbesserungen dran sind.

Wir empfehlen deswegen den Test der App durch Expert:innen, die Screenreader benutzen (Kontakt: barrierefrei@blindenverband.at).

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