BSVÖ im Fokus: Barrierefreie Weihnachtszeit? Shopping mit Hindernissen

Fokus Weihnachtszeit © BSVÖ
BSVÖ im Fokus: Barrierefreie Weihnachtszeit? Shopping mit Hindernissen. Portrait von Weihnachtsmann mit dunkler Brille.
Ob in letzter Minute oder schon von langer Hand geplant: Weihnachten ist die Zeit, in der ans Schenken gedacht wird. Für blinde und sehbehinderte Menschen wird das Einkaufen aber, je näher es zum 24. Dezember geht, ungemütlicher. Bei wildem Gedränge, jeder Menge Barrieren und großem Shoppingfrust kann der Weihnachtsfrieden schnell gestört werden …
Freude am Schenken?
Wer gerne schenkt, tut gut daran, sich schon früh um das richtige Packerl zu kümmern. Für blinde und sehbehinderte Menschen kann gerade die Weihnachtszeit diesbezüglich aber besonders fordernd werden. Denn gerade jetzt vermehren sich die Barrieren erheblich. Die Geschäfte sind überfüllt, Wege sind stark verengt und Orientierungspunkte, die sonst über Geräusche oder Raumgefühl wahrnehmbar sind, gehen in der Menge unter. Andere Shoppingwütige pflügen sich durch die Massen und steigern das Risiko für blinde und sehbehinderte Shoppende, aus der Bahn gerempelt zu werden.
Zusätzlich werden viele Geschäftsflächen schon in der Vorweihnachtszeit umgestaltet: Temporäre Verkaufstische, Geschenkstationen oder großflächige Weihnachtsdekoration in Form überdimensionierter Elche mit roten Mützen oder zusätzlicher Produktplatzierungen stehen plötzlich an Stellen, an denen normalerweise freie Wege sind. Für Menschen, die sich auf feste Raumstrukturen verlassen, führt diese Unvorhersehbarkeit zu Orientierungsproblemen und potentiell unangenehmen Begegnungen mit raumfüllender Weihnachtsdeko, Verkaufsständen oder auch anderen Einkaufenden, die Selfies mit Plastikschneemännern schießen …
Jubel, Trubel
Neben lästig greller Weihnachtsbeleuchtung, grellen oder flackernden Lichtern, Spiegelungen und glitzernder Deko, die Menschen mit Sehrest stark blenden und die ohnehin eingeschränkte Wahrnehmung weiter erschweren, kann auch Lärm die Orientierung und den Raum erschweren. Typisch weihnachtliche Geräuschkulisse – penetrante Musik, viele Gespräche oder zusätzliche Durchsagen – kann für eine akustische Überlastung sorgen und das Einkaufserlebnis zu einem wahren Stressfaktor mit Reizüberflutung machen.
Geschenke finden leichtgemacht?
Das große Raten, was denn nun im Packerl ist, beginnt nicht erst unter dem Baum. Für blinde und sehbehinderte Menschen beginnt die Unsicherheit oft schon im Geschäft, denn eine der großen Schwierigkeiten des Shoppens liegt in der Produktidentifikation. Weihnachtlich gestaltete Verpackungen sind oft glitzernd, kontrastarm oder unregelmäßig geformt. Preisschilder und Produktinformationen sind kleingedruckt oder rein visuell gestaltet, sodass sie ohne Hilfe kaum zugänglich sind. Besonders Geschenksets, die häufig in geschlossenen Kartons ohne tastbare Merkmale verkauft werden, können ohne Unterstützung nur schwer erkannt werden. Gleichzeitig wird Beratung in der Vorweihnachtszeit schwieriger: Mitarbeitende sind stark ausgelastet, schwer zu finden und selbst im Stress. Wer nicht schon mit einem fixen Geschenk im Kopf zum Einkaufen aufbricht und weiß, wo ebenjenes zu besorgen ist, havariert im vorweihnachtlichen Verkaufsmarathon nicht selten frustriert wieder am Ausgang. Einfach nur auf gut Glück loszustarten, ist für Menschen, die sich beim Shoppen nicht primär visuell orientieren, gerade in der geschäftigen Zeit von vielen Barrieren geprägt. Die setzen sich sogar bis in den Kassabereich fort. Unklare Linienführungen machen es schwer, zu erkennen, wo man sich anstellen muss. Selbstbedienungskassen sind selten barrierefrei, da Touchscreens meist keine Sprachausgabe haben. Oft stehen zusätzlich saisonale Aufsteller im Weg und erschweren die Orientierung beim Bezahlen.
Online easy geshoppt?
Online-Shopping scheint auf den ersten Blick eine Alternative zu sein, doch auch hier gibt es Hürden. Viele Webseiten sind nicht barrierefrei gestaltet. Gerade Onlineshops machen gerne Probleme, wenn Menschen mit Screenreadern versuchen, ihre Einkäufe zu tätigen. Von Produktbildern ohne Alternativtexte über fehlende Kennzeichnungen von Aktionsfeldern bis hin zu weihnachtlichen Sonderaktionen auf Webseiten, die nicht ordentlich integriert wurden, häufen sich die Barrieren auch im digitalen Raum. Auf digitale Barrierefreiheit zu achten und die eigene Webseite von Expert:innen prüfen zu lassen, die sich nicht mit Mausklick, sondern mit Screenreadern und via Tastatur navigieren, macht auch anspruchsvolle Webseiten für alle nutzbar!
