Formular für Anfragen

Newsletter Anmeldung

BSVÖ: Barrierefrei erklärt! Lesbarkeit und Schrift Teil 2

  • barrierefei erklärt © bsvö

Sie kennen das Problem vielleicht: Die Schriftart sieht gut aus – modern, kreativ und ansprechend. Aber irgendwie ist sie nicht so einfach zu entziffern. „Ist das eine Null oder ein O?“ fragt sich der ein oder andere Leser. Ein solcher „Rätselspaß“ sorgt sicher nicht für Lesegenuss. Die Wahl der richtigen Schriftart kann jedoch den Unterschied zwischen „Hilfe, ich verstehe nichts!“ und „Oh, das ist ja gut zu lesen!“ ausmachen. In diesem Artikel möchten wir einige wichtige Aspekte zur Auswahl der richtigen Schriftart erläutern.

Dem Gehirn Arbeit abnehmen

Je klarer eine Schriftart ist, desto einfacher fällt es den Lesenden, den Inhalt zu erfassen. Das Gehirn wird von der Aufgabe der „visuellen Entschlüsselung“ entlastet, wodurch mehr Kapazität für das eigentliche Verstehen des Textes bleibt.

Was bedeutet „gut lesbar“?

Es gibt grundsätzlich zwei Hauptarten von Schriftarten: serifenlose Schriften und Serifenschriften. Serifen sind kleine, oft unterschiedlich geformte Querbalken an den An- und Abstrichen der Schriftzeichen. Serifenlose Schriften besitzen diese Balken nicht, die Enden der Buchstaben sind gerade oder schräg abgeschlossen. Für Webtexte werden in der Regel serifenlose Schriften empfohlen, da sie auf digitalen Geräten meist besser lesbar sind. Serifenschriften wie Times New Roman funktionieren in Printmedien gut, ob sie jedoch immer die bessere Wahl sind, ist unter Experten umstritten. Meine Meinung dazu: Es kommt auf den Kontext an.

Wir empfehlen daher, die Entscheidung für eine Schriftart vor allem von der Klarheit der Buchstaben und Zahlen abhängig zu machen. Diese Entscheidung sollte objektiv getroffen werden und nicht nur nach persönlichen Vorlieben.

Eine hilfreiche Liste von Kriterien für eine gut lesbare Schriftart:

Deutliche Unterscheidung zwischen „rn“ und „m“

Gut erkennbarer Buchstabe „Q“

Offene, gut lesbare Schriftzeichen

„p“ und „d“ sollten nicht wie eine Spiegelung des Buchstabens „b“ wirken

Betonung des Punkts bei „i“ und „j“, um Verwechslungen zu vermeiden

Vertrautheit der Schriftart

Deutliche Unterscheidbarkeit von Zeichen wie „1“, „I“ und „l“ sowie „0“ und „O“

 

Was es speziell bei Print und was bei Web zu beachten gibt, darauf werde ich noch in gesonderten Artikeln dieser Reihe eingehen.

Geeignete Schriftarten

Eine besonders empfehlenswerte Schriftart ist Atkinson Hyperlegible, die speziell für Menschen mit Sehbehinderungen entwickelt wurde. Im Folgenden finden Sie eine persönliche Liste unserer Empfehlungen für Open Source-Schriften und lizenzpflichtige Schriften (nicht alle dieser Schriften erfüllen alle Kriterien einer barrierearmen Schrift, aber sie kommen dem nahe).

Open Source-Schriften (Google Fonts mit Lizenz im Download):

  • Atkinson Hyperlegible
  • Open Sans
  • Noto Sans
  • Fira Sans Regular
  • Karla
  • Lato

Ein weiterer Tipp für die Verbesserung der Lesbarkeit ist das Vermeiden von Kursivschrift, Versalien und Kapitälchen. Es gibt jedoch keine expliziten Vorgaben für eine bestimmte Schriftart in den WCAG oder der BITV. Vielmehr wird auf die Lesbarkeit und die Vermeidung von Barrieren hingewiesen.

Und was ist nun DIE ideale Schriftart?

Leider müssen wir Sie enttäuschen: Es gibt nicht „die eine“ ideale Schriftart. Daher spreche ich von „barrierearmen Schriften“. Welche Schriftart gut lesbar ist, hängt von verschiedenen Faktoren wie dem Verwendungszweck, dem Design und der Zielgruppe ab. Der Fokus sollte jedoch immer darauf liegen, ein Ergebnis zu erzielen, das für möglichst viele Menschen gut lesbar ist und dennoch ansprechend aussieht. Denn Inklusion und gutes Grafikdesign schließen sich nicht aus.

Fazit – Inklusionstypografie und Universal Design

Barrierefreie Typografie hilft Menschen mit unterschiedlichen Sehbeeinträchtigungen, Lernschwierigkeiten und anderen Beeinträchtigungen, Texte leichter zu lesen und zu verstehen. Wir sind jedoch überzeugt, dass eine gute Lesbarkeit für alle von Vorteil ist – weil wir uns dann auf den Inhalt konzentrieren können, anstatt die Zeichen zu entschlüsseln. Und barrierefreie Typografie darf natürlich auch ansprechend aussehen!

Das ist der Grundgedanke des Universal Design: Wir benötigen keine speziellen Schriftarten für „die Sehbehinderten“, sondern ein breites Repertoire an gut lesbaren Schriften, von dem alle profitieren. Für eine inklusive, barrierearme Gesellschaft.

 

zurück