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Ein Rezept gegen den Buchhunger

  • Buchhunger © BSVÖ

Ob Historienroman oder Krimi, ob Nischenliteratur oder Romanze – zwischen Buchdeckeln verbergen sich Welten für Klein und Groß. Wer Abenteuer im Kopf erleben will, greife zum Buch! Einfacher gesagt als getan. Denn wer konventionelle Bücher nicht lesen kann, ist klar im Nachteil …

Lesen bildet, verbindet, stärkt soziale Fähigkeiten. Lesen verbreitert den Wortschatz und das Allgemeinwissen, verbessert Gedächtnisleistungen und Sprachbeherrschung. Lesen bedeutet aber auch Teilhabe an (Pop-)Kultur und Zeitgeist. Und nicht zuletzt bedeutet Lesen auch knochentrockene Informationsbeschaffung.

Problem mit Breitenwirksamkeit

Wird Lesestoff aber nur im Schwarzdruck (also gedruckte Schrift auf Papier) zwischen zwei Buchdeckeln zur Verfügung gestellt, ist für viele der Zug schon abgefahren. Das Problem betrifft dann nicht nur blinde und stark sehbehinderte Menschen. Es gibt mehrere Gründe, weshalb ein konventionelles Buch nicht gelesen werden kann. Lern- und Leseschwächen beeinflussen das Leseverhalten ebenso wie motorische Beeinträchtigungen.

Lesen und der Weg zum Arbeitsmarkt

Fehlt der Zugang zu den Mitteln, um Bücher barrierefrei lesen zu können, hat das gleich auf mehreren Ebenen drastische Auswirkungen. Einerseits kommt es zur Absage der kulturellen und gesellschaftlichen Teilhabe, andererseits aber bedeutet fehlendes Lesematerial in vielen Ländern auch fehlendes barrierefreies Lernmaterial. Das Ergebnis: schlechtere Alphabetisierung, schlechtere Bildungschancen und schlussendlich auch schlechtere Chancen am Arbeitsmarkt.

Hunger auf Bücher

Die WIPO (World Intellectual Property Organization) geht von erschreckenden Zahlen aus: Von den Millionen an Büchern, die weltweit jedes Jahr produziert werden, sollen nur 1–7 % auch barrierefrei aufbereitet werden. Von Nischenarbeit kann hier nicht die Rede sein, immerhin sind weltweit gesehen rund 285 Millionen Menschen blind oder sehbehindert. Zählt man hierzu noch all diejenigen, die aus anderen Gründen kein konventionelles Buch lesen können, muss der Buchhunger als noch größeres Problem wahrgenommen werden.

Konventionelle Hörbücher sind nicht der Weisheit letzter Schluss.

Wer nun auf Hörbücher setzt, ist auf einem guten Pfad. Allerdings stellen sich auch hier schnell Herausforderungen ein. Konventionelle Hörbücher sind oft kürzer als die Originalfassung, Sach- und Fachbücher erscheinen so gut wie nie als käuflich erwerbliches Hörbuch und zum Abspielen von Hörbüchern braucht es die entsprechenden technischen Hilfsmittel, die wiederum nicht in allen Ecken der Welt blinden und sehbehinderten Menschen zur Verfügung stehen. Und nicht zuletzt braucht es auch eines: Institutionen, die Hörbücher vertreiben, verleihen oder anders zugänglich machen.

Vom Deckblatt bis zum letzten Zeichen

Hörbüchereien, die sich auf barrierefreie Literatur spezialisiert haben, nehmen Hörbücher in der Regel gesamt auf. Das heißt: Auch das Impressum und jede Fußnote werden aufgenommen, nichts fällt unter den Tisch. Leser:innen bekommen somit gleichberechtigten Zugang zu allen Infos, die ein Titel zu bieten hat.

Sachliteratur, Fachbücher und Zeitschriften Mangelware

Während es am Sektor der Belletristik noch ein wenig besser aussieht, herrscht vor allem bei Sachbüchern, Zeitschriften und Magazinen ein großer Mangel an barrierefreier Literatur. Grund dafür sind unter anderem geringere Auflagezahlen, kompliziertere Inhalte, schwer zu vermittelnde Grafiken, Tabellen oder Diagramme. Bei Zeitschriften und Magazinen spielt das schnelle Überholen der Nachrichten eine Rolle; Zeitschriften von gestern werden morgen schon nicht mehr gelesen. Dennoch müssen auch ihre Inhalte barrierefrei vermittelt werden, um blinden und sehbehinderten Menschen einen gleichberechtigten Zugang zu Information zu bieten.

Teilen bitte.

Der 2013 von den Mitgliedstaaten der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) angenommene Marrakesch-Vertrag soll den Zugang zu Titeln für Menschen, die keine konventionellen Bücher lesen können, sicherstellen. Der Vertrag wurde im Einklang mit den Menschenrechtsgrundsätzen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und dem Übereinkommen der Vereinten Nationen

über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UNCRPD) erarbeitet. Länder, die den Vertrag angenommen haben, können gewisse Ausnahmebestimmungen im Bereich des Urheberrechts einsetzen, um barrierefreies Lesematerial zur Verfügung zu stellen. Idealerweise kann der speziell produzierte Lesestoff auch grenzüberschreitend geteilt werden, um doppelte Produktionskosten zu vermeiden. 2018 hat Österreich die Ratifizierung beschlossen.

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Der Vertrag war ein bedeutender Schritt, um die Not um barrierefreie Literatur zu schmälern. Zugleich aber muss sichergestellt sein, dass barrierefreie Titel auch produziert werden können, dass die Ressourcen vorhanden sind, um Lesestoff aufzubereiten und den Betroffenen zukommen zu lassen. Dafür braucht es spezialisierte Einrichtungen und geschultes Fachpersonal. Die Mittel, um diese Einrichtungen finanziell zu unterstützen und ihre grundlegend wichtige Arbeit zu fördern, müssen gegeben sein, sonst steht die Maschine still. Die Hörbücherei des BSVÖ ist österreichweit die größte Spezialbücherei, die gegen den Bücherhunger eintritt. Hier wird produziert und verbreitet, hier wird auf Netzwerke und Kooperationen gesetzt, um den Zugriff auf rund 600.000 Titel zu ermöglichen. Hier wird mit einem Wort Inklusion ermöglicht.

Werden hier Förderungen gestrichen, wächst der Hunger, so viel ist sicher.

Mitglied werden

Wenn Sie kein konventionelles Buch lesen können, können Sie die kostenlose Mitgliedschaft in der Hörbücherei des BSVÖ beantragen und alle Services nutzen. Informieren Sie sich unter: www.hoerbuecherei.at und stillen auch Sie Ihren Lesehunger! 

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