BSVÖ: Barrierefrei erklärt! Digitale Musikvermittlung via NFC und QR-Code
TuneTag im Alltagstest. Wenn einem ein ehemaliger Universitätsprofessor mit leuchtenden Augen einen TuneTag schenkt – voller Stolz auf die frisch aufgenommene Jazzmusik seiner Band, dann ist das mehr als nur ein netter Moment. Es ist ein Anlass, neue Technologien auf ihre Alltagstauglichkeit für blinde und sehbeeinträchtigte Menschen zu prüfen. Denn digitale Erlebnisse müssen für alle zugänglich sein – das gilt natürlich auch für die Musik.
Was ist TuneTag?
TuneTag ist ein innovatives Kartensystem, das Musik, Videos oder Weblinks über zwei Wege bereitstellt: per NFC-Chip (Near Field Communication) oder per QR-Code. Die Karte wird einfach ans Smartphone gehalten, schon öffnet sich der Link zur Musik. Soweit die Theorie.
Was funktioniert gut – und was nicht?
In unserem Test ließ sich die TuneTag-Karte mit einem Android-Smartphone via NFC tatsächlich auslesen. Voraussetzung: NFC muss im Gerät aktiviert sein, und die Karte muss korrekt gehalten werden, also mit der richtigen Seite und in der richtigen Ausrichtung. Und genau hier beginnt das Problem.
Fehlende Orientierung – kein Standard, keine Struktur
Für sehende Nutzer:innen ist die Bedienung intuitiv: Karte dranhalten, fertig. Für blinde Menschen dagegen gibt es ein Hindernis, denn es ist nicht erkennbar, welche Seite die NFC-Seite ist, und wo sich der Chip genau befindet. Eine einfache taktile Markierung, etwa eine kleine Einkerbung an der richtigen Ecke oder ein abgeschnittener Karteneckpunkt, könnte hier große Wirkung zeigen. Ohne solche Hilfen heißt es: ausprobieren, drehen, neu ansetzen – frustrierend und nicht barrierefrei.
Auch der QR-Code auf der Rückseite ist für blinde oder stark sehbeeinträchtigte Menschen in der Praxis kaum nutzbar, da die visuelle Ausrichtung schwierig bis unmöglich ist. Einzig der NFC-Zugriff bietet eine realistische Chance auf barrierefreie Nutzung, wenn die Karte eindeutig markiert wäre.
Fazit: Gut gedacht, aber nicht konsequent zu Ende gedacht
TuneTag ist ein spannendes Tool mit Potenzial, auch für blinde und sehbeeinträchtigte Musikfans. Doch echte Barrierefreiheit braucht mehr als technische Möglichkeiten. Es braucht Struktur, klare Orientierungshilfen und ein durchdachtes, inklusives Design. Der Universal Design Ansatz und eine einfache taktile Markierung könnte TuneTags für viele Menschen deutlich zugänglicher machen.
Weiterführende Links
Tunetag: https://tunetag.net/