BSVÖ Mythen der Barrierefreiheit: Recycling ist ein Kinderspiel. Teil 21
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Mythen der Barrierefreiheit. Grafik eines Menschen mit Brille, Taststock und Hund, um ihn Fragezeichen. BSVÖ Logo
Inzwischen ist es wahrscheinlich bei den Meisten angekommen: Umweltschutz ist notwendig. Dazu zählt auch, auf die Ressourcen zu achten, Müll zu trennen und Pfandflaschen zurückzugeben und nicht in die Natur zu kippen. Dafür gibt es seit 1. Jänner ein ganz neues Rückgabesystem. Ganz einfach! Oder?
Das neue Pfandsystem, das seit 1. Jänner 2025 auch in Österreich gilt, soll zum Klimaschutz beitragen. Die Idee dahinter: wer für PET Flaschen, Dosen und Glasflaschen extra bezahlt, will sich dieses Geld auch wieder zurückholen. Wer also leeres Verpackungsmaterial dorthin zurückträgt, wo es ordnungsgemäß gesammelt und recycelt wird, bekommt Geld zurück und macht alles richtig.
So weit, so gut. Zumindest in der Theorie. In der Praxis holpert es gewaltig im Sechserpack.
„Letztens haben wir eine Gartenparty veranstaltet“, erzählt Manuel, der in seiner Kindheit an beiden Augen erblindete. „Wir haben ordentlich Getränke eingekauft und ich habe dafür natürlich auch Pfand gezahlt. Aber die Rückgabe war dann doch nicht ganz einfach.“ Manuel kennt den Supermarkt und die Wege und war sich sicher, dass alles gut klappen würde. „Ich bin noch am gleichen Abend mit den leeren Verpackungen losgegangen und habe alles zurückbringen wollen. Das war zwar ein Samstagabend, aber bei unserem Supermarkt am Land gibt es eine Rückgabestation am Parkplatz vor dem Geschäft. Bei den ersten Flaschen ist noch alles gutgegangen, dann hat die Station eine Dose nicht mehr genommen. Warum, war mir schleierhaft.“ Kein Wunder, die Fehlermeldung wurde nur am Bildschirm angezeigt, ein Warnton fehlte. Wie sich später herausstellt, waren unter den Gebinden auch welche, die noch nicht ins Pfandsystem fielen. Gäste hatten sie mitgebracht und Markus hatte die Verpackungen mit den eigenen Dosen und Flaschen vermischt. „Ich stand am Automaten und habe die Flasche wieder herausgefischt und es neu versucht und als es dann noch immer nicht ging, probierte ich es mit anderen Dosen. Einige hat der Automat dann aber wieder nicht genommen, weil er sie nicht gleich erkannt hat.“ Das kann passieren, wenn die Verpackung zu schnell eingeworfen wird oder es einen anderen Grund gibt, weshalb der Scanprozess gestört wird. „Die Nerven habe ich aber geschmissen, als der Automat schließlich gar nicht mehr funktionierte. Ich konnte ja auch niemanden um Hilfe bitten, weil der Laden zuhatte.“ Irgendwann, so berichtet Manuel, habe die Rückgabestation dann doch noch den Leergutbon ausgespuckt. „Ich bin dann mit den restlichen Verpackungen wieder nach Hause gegangen und habe sie meinem sehenden Partner hingestellt und gesagt: So, bitte bring du sie zurück!“
Wie es Manuel ging, geht es vielen, die Pfand retournieren wollen. Das Hauptproblem ist aber weniger das System an sich, das ja einen guten Zweck verfolgt, sondern die fehlende Barrierefreiheit der Rückgabestationen (Stichwort Touchscreen und fehlende Sprachausgabe). Auch, dass die Pfandflaschen nicht barrierefrei als solche markiert sind, macht den Prozess für blinde und stark sehbehinderte Menschen mühsam.
„Die Alternative ist, dass ich Pfand bezahle und die Flaschen in die gelbe Tonne werfe“, sagt Manuel. „Dann bleibt mir am Ende aber ein Minus in der Geldbörse.“
Der BSVÖ setzt sich für ein barrierefreies Pfandsystem ein und zeigte schon zu Beginn die Probleme auf. Bisherige Verbesserungsvorschläge sind kaum zu den Anbietern und Herstellern von Rückgabestationen durchgedrungen und auch die EWP Recycling Pfand Österreich gGmbH hat nicht dazu beigetragen, die Rückgabe zu erleichtern.
Fakt ist aber:
- Nicht barrierefrei erkennbar: Nicht alle Getränkeverpackungen fallen ins Pfandsystem. Noch bis Jahresende 2025 dürfen außerdem Produkte in den Verkauf, die noch nicht mit dem Pfandsymbol gekennzeichnet sind, weil sie aus älteren Produktionen stammen.
- Rückgabe ist nicht barrierefrei (Steuerung via Touchscreen und ohne Audioausgabe)
- Nicht alle Pfandstationen befinden sich auch im Geschäft. Wenn ein Problem auftritt, wird es blinden und sehbehinderten Menschen erschwert, Hilfe anzufordern (siehe Touchscreen; Mitarbeiter*innen müssen im Geschäft gesucht werden)