BSVÖ: Barrierefrei erklärt! Barrierefreie Formulare im Check
Ob bei der Zimmerbuchung, bei Behördenwegen oder Onlineanmeldungen: Formulare sind zentraler Bestandteil unseres digitalen Alltags. Doch nicht alle davon sind für Menschen mit Behinderungen nutzbar.
Digitale Barrieren im Alltag
Ein Formular ist schnell ausgefüllt – für viele. Wer jedoch beispielsweise blind ist, mit einer Sehbehinderung lebt oder motorische Einschränkungen hat, stößt rasch an Grenzen: unbeschriftete Felder, nicht per Tastatur erreichbare Schaltflächen oder Fehlermeldungen, die nicht vorgelesen werden. Der Zugang zu Informationen und Leistungen bleibt dadurch oft verwehrt.
Wie groß das Problem tatsächlich ist, zeigen mehrere Studien: Die WebAIM Screen Reader Survey 2024 nennt komplexe Formulare als eine der häufigsten Barrieren für Screenreader-Nutzer:innen. Eine Studie aus dem Jahr 2024 „The Accessibility and Usability of Online Job Applications for Screen Reader Users“ (Die Zugänglichkeit und Nutzerfreundlichkeit von Online Job Bewerbungen für Screen Reader Nutzer:innen) listet weitere typische Probleme für Screenreader Nutzer:innen auf:
- Unbeschriftete Felder und Buttons
- Fehlermeldungen, die schwer auffindbar oder nicht zugänglich sind
- Nicht bedienbare oder fehlerhafte Dropdown-Menüs
Eine Umfrage von AlgorithmWatch (2022) wiederum macht ein anderes Problem deutlich, und zwar, dass digitale Formulare auch diskriminierend sein können – etwa wenn zu kurze oder zu lange Namen nicht akzeptiert oder bestimmte Voreinstellungen automatisch getroffen werden.
Das neue Barrierefreiheitsgesetz
Dass sich hier etwas ändern muss, ist längst klar – und gesetzlich bald auch verpflichtend: Ab Juni 2025 schreibt das neue Barrierefreiheitsgesetz (BaFG) vor, dass Anbieter größerer digitaler Services ihre interaktiven Services wie beispielsweise Webshops barrierefrei gestalten müssen.
Wie barrierefreie Formulare funktionieren
Doch was bedeutet das konkret? Wie sieht ein Formular aus, das für alle Menschen zugänglich ist? Barrierefreie Formulare zeichnen sich durch eine klare, durchdachte Struktur aus.
Wichtig dabei sind:
- eindeutige Labels für Eingabefelder
- vollständige Tastaturbedienbarkeit
- verständliche, mit Screenreadern lesbare Fehlermeldungen
- klarer Seitenaufbau
- ausreichende Kontraste für gute Lesbarkeit
ARIA – was das ist und warum es hilft
Wenn von barrierefreien Formularen die Rede ist, fällt oft der Begriff ARIA – Accessible Rich Internet Applications. Diese HTML-Erweiterung hilft, komplexe Webinhalte für Screenreader zugänglich zu machen.
Gerade moderne, dynamische Formulare mit individuell designten Buttons, aufklappbaren Menüs oder Live-Fehlermeldungen brauchen zusätzliche Informationen, damit sie verständlich sind. ARIA macht solche Elemente sichtbar – etwa, wenn ein Feld verpflichtend ist oder eine Fehlermeldung zu einem bestimmten Feld gehört.
Wichtig: ARIA ersetzt kein korrektes HTML – es ergänzt es dort, wo HTML allein nicht ausreicht. Falsch eingesetzt, kann ARIA sogar verwirren. Die Regel lautet daher: Erst sauberes, semantisches HTML – dann gezielt ARIA. In einem Folgeartikel zeigen wir, wie sich barrierefreie Formulare konkret umsetzen lassen – mit HTML, mit sinnvoll eingesetztem ARIA und mit Tools, die bei der Entwicklung helfen.
Fazit
Barrierefreie Formulare sind kein Luxus, sondern Voraussetzung für echte Teilhabe. Wer barrierefrei denkt, gestaltet digitale Räume, die allen offenstehen – verständlich, zugänglich und zukunftsfähig.
Studien und Quellen
Umfrage von Algorithm Watch (2022): https://algorithmwatch.org/de/fehlerhafte-online-formulare/
The Accessibility and Usability of Online Job Applications for Screen Reader Users (2024): https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10961918/
WebAIM Screen Reader Survey (2024): https://webaim.org/projects/screenreadersurvey10