BSVÖ im Fokus: Accessibility Overlays: „Behindertenprofile“ und KI-Kontrolle
Wer eine Webseite betreibt und möchte, dass diese von alle User:innen benutzt werden kann, muss sich überlegen, wie Barrierefreiheit zustande kommt. Der Griff zur scheinbar einfachsten und schnellsten Lösung heißt dann oft: Accessibility Overlays. Mit nur einer Codezeile soll eine ganze Webseite barrierefrei für alle werden. Zu gut um wahr zu sein? Leider ja, auch wenn Overlays-Anbieter einer anderen Meinung sind und ihren Kund:innen große Versprechungen machen.
Achtung Kontrolle! KI im Einsatz!
Overlays sollen die Nutzer:innenerfahrung und die Bediebarkeit von Webseiten verbessern und dabei so niederschwellig wie möglich eingesetzt werden können. Kein Wunder also, dass auch hier KI ins Spiel kommt. Diese kommt zum Einsatz, wenn es darum geht, Fehler und Barrieren zu erkennen – und im besten Fall auch gleich auszubessern. Anstatt also auf die Kontrolle von qualifizierten Profis zu setzen – etwa auf blinde und sehbehinderte Personen, die mit Screenreadern und Webseitenstrukturen vertraut sind – soll eine eingebaute KI schnell, kostenkünstig und effektiv Fehler erkennen. Das ist nun nicht grundlegend falsch. Aber ein perfektes Ergebnis zu erwarten, bringt schnell die große Enttäuschung: noch ist die KI nicht so weit, Inhalte barrierefrei zu strukturieren.
Die häufigsten Fehler, die durch KI produziert werden, sind u.a.
- „Reparaturen“ können nicht auf alle Inhalte zugreifen. Formulare etc. bleiben unverändert
- Alternative Bildtexte sind meist unzuverlässig
- Fehlerbehandlungen des Zugriffs via Tastatur sind nicht zuverlässig
- Ladezeiten von Webseiten erhöhen sich
- Java-Skript gesteuerte Reparaturen können nicht immer auf alle komponentenbasierten Benutzeroberflächen zugreifen
- Nicht alle Hilfsmittel können weiterhin verwendet werden, wenn die KI am Werk war
- Ungenaue oder fehlerhafte „Reparaturen“ erleichtern die Nutzer:innen-Erfahrung und Zugänglichkeit nicht. Auch wenn kleinere Reparaturen vielleicht möglich sind und auch Vorteile bringen, kann KI als Allheilmittel (noch) nicht empfohlen werden.
„Behindertenprofile“ und fertig?
Sogenannte „Behindertenprofile“ bieten eine Auswahl an Overlayoptionen, die an bestimmte Behinderungen angepasst sind. Ohne einzelne Optionen auswählen zu müssen, kommen die Profile quasi im Gießkannenprinzip über die Webseite und sollen somit alles Wichtige abdecken. So funktioniert Barrierefreiheit aber nicht. Webseiten müssen gewisse Standards der Barrierefreiheit erfüllen, um wirklich von allen Nutzer:innen bedient werden zu können und diese Standards sind nicht dazu da, nach Belieben herausgepickt und angewendet zu werden. Es ist eine Halblösung, die noch dazu aus oben erwähnten Gründen ohnehin nicht die Lösungen bringt, die sie verspricht. Wer seine Webseite wirklich barrierefrei gestalten wird, muss sich an die aktuellen Standards für digitale Barrierefreiheit (WCAG 2.2) halten und im besten Fall mit Profis digitaler Barrierefreiheit kooperieren, die Webseiten ausführlich und individuell prüfen.
Weiterführende Links
Studie zu Overlyas (englisch) von Frau Daniela Kubesch: The Impact of Web Accessibility Overlays | Master's Thesis by Daniela Kubesch
EDF und IAAP Positionierung: https://www.edf-feph.org/publications/joint-statement-on-accessibility-overlays/
WACA Positionierung: https://waca.at/en/accessibility-widgets-and-overlays