BSVÖ-Fokus: Alltagsbarrieren. Studieren als Studium.
Student:innen führen ein gemütliches Lotterleben zwischen entspannten Vorlesungen und einer unaufgeräumten Fünfer-WG, haben kein Geld und gehen nicht arbeiten und studieren mit Mitte dreißig noch immer. So zumindest die Klischees. Wer aber ehrgeizig durch sein Studium kommen will, hat es mit einem enormen Lern- und Zeitaufwand zu tun. Für blinde und sehbehinderte Studierende kommt aber auch noch eine Riesenladung an Barrieren dazu …
Einfach mal die händische Mitschrift der Nachbarin überfliegen? Oder in die Bibliothek gehen, um Fachliteratur zu besorgen? Oder einer Vorlesung folgen, die auf einer Powerpoint-Präsentation beruht? Für blinde und sehbehinderte Studierende birgt jede dieser Handlungen Barrieren. Auch wenn inzwischen durch wachsende Digitalisierung der Zugang zu Infos und Material besser geworden ist und sich einiges auf diese Weise zentral organisieren lässt. Viele Universitäten arbeiten mit digitalen Plattformen, über die sich Prüfungstermine eintragen, Hausarbeiten hochladen und Lernmaterial herunterladen lässt und Räume des Austausches gegeben sind. Das bedeutet aber nicht, dass diese Plattformen auch wirklich barrierefrei bedienbar sind, dass das hochgeladene Lernmaterial nicht nur aus Scans im Bildformat oder schlecht strukturierten PDFs besteht oder sich Formulare nicht ordentlich ausfüllen lassen.
Auch die Orientierung vor Ort ist nicht immer einfach. Unis als öffentliche Gebäude sind an strikte Barrierefreiheitsstandards gebunden – dennoch ist es nicht immer ein Leichtes, sich in den Gängen zwischen Lehrsälen, Büros, Bibliotheken, WC-Anlagen und Kopierkämmerchen nicht zu verirren. Vor allem alte Universitätsgebäude weisen oft eine Vielzahl an Räumen auf, die nicht auf nur einer Ebene angeordnet sind und womöglich nur über Umwege erreicht werden können. Kurzfristige Änderungen in der Raumplanung stellen dann eine besondere Herausforderung dar.
Unterlagen und Material
Barrierefreies Unterrichtsmaterial ist grundlegend, damit auch blinde und stark sehbehinderte Studierende durch das Studium kommen. Das ist aber nicht immer gegeben und erschwert die Teilhabe enorm. Auch dringend benötigte Recherchegrundlagen, Fachliteratur oder Sachbücher sind oft nicht barrierefrei zugänglich und müssen erst aufwendig aufbereitet werden, bevor sie als Studiengrundlage dienen. Ein Mehraufwand für Studierende mit Sehbehinderungen, der Zeit und Nerven kostet und sich nicht zuletzt negativ auf Abgabe- und Studienfristen auswirken kann.
Studium als Zukunftschance
Bildung ist unser höchstes Gut und kann für stabile Zukunftschancen stehen. Deswegen ist barrierefreie Teilhabe ein Muss. Studierende mit Sehbehinderungen erfahren noch immer Nachteile, Diskriminierungen oder Exklusion und müssen oft selbst Pionierarbeit leisten, um erfolgreich abschließen zu können.
Fazit
Aufgeben? Nein, Bildungschancen stehen allen zu und müssen von allen wahrgenommen werden können. So ist es wichtig, dass sich Universitäten, Fachhochschulen und Zertifikatslehrgänge an Standards der Barrierefreiheit halten und Lehrende dabei fördern und unterstützen, jene Standards auch erreichen zu können. Das erleichtert Teilhabe an Bildung, Weiterbildung und schließlich persönlicher Förderung von Potential.