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BSVÖ: Suchen unmöglich. Suchdienst Herold für blinde und sehbehinderte Menschen online nicht barrierefrei nutzbar.

  • Herold © BSVÖ

Als Herausgeber der österreichischen Telefonbücher, der Gelben Seiten-Branchenbücher und dem Bertreiben des online Portals www.herold.at ist die HEROLD Business Data GmbH die erste Anlaufstelle für alle, die nach einer Adresse, einer Rufnummer oder einem Unternehmen suchen. Für blinde und sehbehinderte Menschen endet die Suche allerdings, bevor sie angefangen werden kann, denn die Online-Plattform erlaubt keine barrierefreie Nutzung.

Die Suche nach dem Suchfeld

Blinde und stark sehbehinderte Menschen navigieren sich mittels spezieller Programme durch das Internet. Anstatt die visuelle Information vom Bildschirm abzulesen, kommen zum Beispiel Screenreader zum Einsatz. Das sind Softwareprogramme, die die am Bildschirm angezeigte Informationen mittels nicht-visueller Ausgabegeräte anzeigen, etwa mit einer synthetischen Stimme oder als tastbare Brailleschrift. Blinde und stark sehbehinderte Menschen, die zum Surfen im Netz nicht die Maus, sondern die Tastatur verwenden und sich dabei nicht auf visuelle Seiteninformationen stützen, stehen bei herold.at schnell an. Den beiden Such-Eingabefeldern für Name und Ort fehlt die für Screenreader erkennbare Beschriftung, weshalb Nutzer:innen nicht in Erfahrung bringen können, was zur erfolgreichen Suche eingetragen werden muss.
Zum Vergleich: Stellen Sie sich vor, Sie entdecken als sehende Person, die sich auf Webseiten primär anhand visueller Informationen orientiert, mehrere blanke Suchfelder sowie einen Button, der die Suche auslöst. Da aber die Beschriftung der Suchfelder fehlt, wissen Sie nicht, was in welches Feld eingegeben werden muss, um die Suche auch tatsächlich starten zu können. Frustrierend? Ohne Zweifel.

Abgesehen davon sind aber auch andere Kontrollfelder mit der Tastatur nicht erreichbar. Dass barrierefreies Webdesign ganz klar verlangt, dass Eingabe- sowie andere Formularfelder mit der Tastatur erreichbar sind und gleichzeitig eine für Screenreader auslesbare Beschriftung haben, ist keine Forderung, die lediglich erfunden wurde, um Webdesigner:innen herauszufordern. Es ist eine grundlegende Voraussetzung für ein inklusives Weberlebnis und digitale Zugänglichkeit.

Achtung Baustelle

Der Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich (BSVÖ) machte die zuständige Stelle des Webportals schon im August 2022 auf die Missstände aufmerksam und ersuchte um eine baldige Bereinigung der Barrieren. Zwar wurden die Kritik damals angenommen, Lösungsansätze aber fehlen weiterhin. Auch auf mehrmaliges Nachhaken bleibt bei der Antwort, die lediglich die Bitte um Geduld beinhaltete, ein bitterer Nachgeschmack. Dr. Markus Wolf zeigt Unverständnis für das fehlende Problembewusstsein seitens des Webportalbetreibers.

"Firmen die nicht auf Barrierefreiheit bei ihren Online-Informationen setzen, schließen große Teile der Bevölkerung davon aus. Eine  barrierefreie Webseite ist für die Nutzer:innen und für den Anbieter ein Vorteil: Win-Win-Situation! Gemeinsam ist das nicht schwer herzustellen", so der Präsident des BSVÖ.

Hallo Auskunft?

Die HEROLD Business Data GmbH, die aus einem Traditionsunternehmen, das schon 1919 in Graz gegründet wurde, herausging, positioniert sich als österreichischer Experte für Online-Marketing-Dienstleistungen und als Onlinespezialist. Nach eigenen Angaben ist der HEROLD größter Webseitenproduzent, größte KMU SEA- und SEO-Agentur und größte Online-Agentur für KMU mit einem Branchenportal mit größter Sichtbarkeit. Dass ein Unternehmen, das eine derartige Position innehat und für mehr als 25.000 Unternehmer:innen in Österreich Webseiten erstellte, das Thema Barrierefreiheit in seinem eigenen Webportal vernachlässigt, ist für den BSVÖ nicht nachzuvollziehen.

Kein Geheimnis

Es sollte sich inzwischen herumgesprochen haben, dass nicht nur bauliche, sondern auch digitale Barrierefreiheit notwendig ist, um allen Menschen den chancengleichen Zugang zu Services, Dienstleistungen und Informationen zu ermöglichen. Dennoch gibt es beinahe keine Webseite, die nicht zumindest einen Fehler aufweist, der die Nutzung erschwert oder sogar unmöglich macht (laut WebAIM Million Report 2020 zeigten 98,1% der einen Million untersuchten Seiten zumindest einen Fehler laut den internationalen Webstandards WCAG 2.0 auf. Im Schnitt waren es aber beinahe 61 Fehler pro Homepage).

Digitale Barrierefreiheit beruht nicht auf willkürlichen Standards, sondern muss zumindest den Richtlinien entsprechen, die u.a. durch das Europäische Komitee für Normung zur Norm erklärt wurden. Die Konformitätsstufe AA der WCAG 2.1 wurde in der EU-Richtlinie 2016/201 und somit auch in nationalen Gesetzen als notwendige Voraussetzung für barrierefreie Gestaltung von Webinhalten bezeichnet und gilt somit auch im österreichischen Web-Zugänglichkeits-Gesetz als grundlegend. Wer sich in Planung und Umsetzung von Webseiten an die Web Content Accessibility Guidelines (WCAGs) hält, ist somit auf einem sehr guten Weg, die Usability für alle in hohem Maße sicherzustellen.

Wer sich im Bezug auf die Barrierefreiheit der eigenen Webseite nicht sicher ist, muss nicht auf verlorenem Posten bleiben. Neben IT-Expert:innen aus dem Bereich, helfen auch Behindertenorganisationen mit großer Expertise weiter. Die Kompetenzstelle für Barrierefreiheit des BSVÖ fungiert hier als wichtige Schnittstelle zwischen Webseitenentwickler:innen und digitaler Barrierefreiheit für blinde und sehbehinderte Nutzende.

Zurück zum Suchproblem

Der HEROLD hat sich spätestens seit einer gelungenen Werbekampagne in den frühen 2000er Jahren zu einem geflügelten Sprichwort für’s Suchen und Finden entwickelt und bietet mit seinem Webportal ein theoretisch enorm hilfreiches Werkzeug, gewünschte Informationen bequem abzurufen. Praktisch aber werden blinde und sehbehinderte Menschen schon beim ersten Schritt der Suche frustriert.  Weshalb nicht mit Aufzeigen des Problems seitens des BSVÖ vor rund einem Jahr unter Volldampf daran gearbeitet wurde, eine rasche und praktikable Lösung zu finden, ist dem Blinden- und Sehbehindertenverband als Vertretungsorgan von blinden- und sehbehinderten Menschen in ganz Österreich unverständlich. Das Unternehmen, das mit einer für alle User:innen zugänglichen Seite auch mehr Menschen zu seinen Besucher:innen zählen könnte, setzt hier nicht nur Kund:innenzufriedenheit aufs Spiel. Mehr noch wird dadurch Inklusion und eine gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe verhindert.

Weiterführende Links

Kompetenzstelle für Barrierefreiheit des BSVÖ: https://www.blindenverband.at/de/barrierefreiheit/Kompetenzstelle

WebAIM Million Report 2020: https://accessibility.day/

Bundesgesetz über den barrierefreien Zugang zu Websites und mobilen Anwendungen des Bundes (Web-Zugänglichkeits-Gesetz – WZG) im RIS: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20010727

HEROLD Daten: https://www.karriere.herold.at/ueber-herold

 

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