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Präsident Dr. Markus Wolf über das, was (hoffentlich) kommt

"Der Durchblick"-Auskoppelung im Fokus

  • Der Durchblick Auskoppelung © BSVÖ

Warum Dr. Markus Wolf, Präsident des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Österreich, nicht müde wird, auf das Gold der Zukunft zu pochen und was sich hinter dem Glanz tatsächlich versteckt (wir verraten schon vorab: weder Yachten nocht Schlösser!), erzählte er im Verbandsmagazin "Der Durchblick". Lesen oder hören Sie jetzt nach!

(Der Text steht als Audiofile zum Download am Ende des Artikels für Sie bereit!)

Wie es weitergehen kann

Wir haben uns daran gewöhnt, dass es Kopfweh verursacht, die Nachrichten zu lesen. Nachdem die großen Pandemierestriktionen hinter uns zu liegen scheinen, bleibt Covid ein anhänglicher Begleiter, der Krieg ist europäische Realität geworden, die Klimakrise rückt jeden Tag einen Schritt näher. Im Kielwasser der Inflation schwappen Teuerungen und Preissteigerungen, die sich viele Menschen schon jetzt nicht mehr leisten können. Die Strom- und Gaspreise gehen durch die Decke und die Heizsaison steht erst an ihrem Anfang. Da ist es leicht, andere Brennpunkte aus den Augen zu verlieren.

Dass es weiterhin Baustellen außerhalb der neuen Probleme gibt, wissen Menschen mit Behinderungen besonders gut, denn wir erleben sie tagtäglich am eigenen Leib. Bauliche und digitale Barrieren, mangelnde Ressourcen, unverständliche Differenzen bei Förderungen von Bundesland zu Bundesland, eingeschränkte Mobilität und Exklusion durch Unwissen, oder schlimmer noch, Ignoranz.

(Weiter)Lernen dürfen

2022 haben wir unseren Fokus auf einen Themenbereich gelegt, in dem vieles zusammenfließt: Bildung. Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung und dass diese besonders qualitativ und individuell ausfallen soll, braucht nicht extra erwähnt werden. Laut UN-Behindertenrechtskonvention muss auch der Zugang zu Hochschulen und zu Lebenslangem Lernen sichergestellt sein. Dennoch haben wir es mit der Situation zu tun, dass Menschen mit Behinderungen nicht in inklusive Bildungsmodelle eingebunden werden oder dass ihnen sogar Bildungs-, Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten versagt bleiben.

Schon in den frühesten Lebensjahren ist Bildung und Förderung grundlegend. Frühförderungen für blinde und sehbehinderte Kinder, inklusive Kindergarten- und Vor- und Volksschulmodelle und spätere Schuleinrichtungen, die allen Schüler:innen die gleiche hochwertige Bildung ermögliche, sind die Voraussetzungen für eine Gesellschaft, die Inklusion und Chancengleichheit ernst nimmt. Gleichzeitig braucht es für Menschen mit dem so genannten Sonderpädagogischen Förderbedarf entsprechend ausgebildete Pädagog:innen. Es braucht barrierefreies Lernmaterial. Es braucht Hilfsmittel und Kurse zu deren Handhabung. Und vor allem braucht es ein größeres Wissen und Verständnis darüber, welche Grundlagen für ein inklusives Bildungssystem notwendig sind und welche Ressourcen dafür gebraucht werden.

Blinde und sehbehinderte Menschen sind weiterhin in größerer Zahl arbeitslos oder in Jobs beschäftigt, die nicht ihre erste Wahl gewesen sind. Das ergibt einerseits prekäre finanzielle Verhältnissen und Armutsgefährdung und andererseits unerfüllte persönliche Lebensvorstellungen. Denn der Mangel an Aus- und Weiterbildungsoptionen führt notgedrungen auch zu einer Beschränkung im Feld beruflicher Entfaltung. Auch stehen die Chancen in einem ohnehin umkämpften Arbeitsmarkt schlechter für Menschen mit Behinderungen. Fehlt hier auch noch die Option, persönliche Potentiale und Talente auszuschöpfen und einen soliden, spezifischen Bildungsweg einzuschlagen, so kann nicht von Chancengleichheit oder gesellschaftlicher Fairness gesprochen werden.

Bedarfsgerechte, qualitativ hochwertige und vielfältige Bildung für alle bedeutet größere Selbstbestimmtheit. Sie ist wohl eines der größten Güter, der größte Schatz, in den wir nicht nur als Individuen, sondern vor allem als Gesellschaft investieren sollen.

ABC barrierefrei!

Damit Bildung für blinde und sehbehinderte Menschen niederschwellig und qualitativ hochwertig zugänglich ist, muss diese in einem barrierefreien Format gedacht sein. Das betrifft bauliche Strukturen ebenso wie Unterrichtsform und Unterrichtsmaterialen, Zugänge zu Informationen, Organisationstools und Lernplattformen. Barrierefreiheit reicht in so viele Bereiche und wird leider noch immer oft nicht als notwendig erkannt. Deswegen ist es unumgänglich, auf die Stimmen von Menschen zu hören, die Barrieren aufzeigen und den Rat von Expert:innen zu suchen, wenn es um die Beseitigung von Barrieren geht. Der BSVÖ kann hier auf großes Fachwissen zurückgreifen und hat sich über viele Jahre hinweg als solider Partner in der Erweiterung von Barrierefreiheit gezeigt.

Und die Zukunft?

Soll sich die Zukunft verbessern, muss gemeinsam erarbeitet werden, welche Veränderungen notwendig sind. Dafür sollten Expert:innen und Entscheidungstragende zusammenkommen und sich gründlich austauschen. Der Nationale Aktionsplan Behinderung 2022-2030 (NAP), der zur Verankerung von Zielen und Maßnahmen der Behindertenpolitik erstellt wurde, ist ein Paradebeispiel für einseitige und höchst unbefriedigende Entscheidungsfindung seitens der Regierung. Obwohl es im Vorfeld zu einem intensiven Austausch mit Interessensvertreterorganisationen gekommen war, wurden unsere Stimmen in der Ausführung des NAP weitgehend ignoriert. Das Ergebnis ist ein Aktionsplan, der Chancen ungenützt lässt und tiefgreifende Mängel aufweist. Wir appellieren darauf, das Motto „Nichts über uns, ohne uns“ endlich ernst zu nehmen. Die Kritik am NAP und an seiner Beschlussfassung seitens der Behindertenbewegung zeigt ein grundlegendes Problem auf: Menschen mit Behinderungen werden in Österreich noch immer nicht durchgehend als gleichberechtigte und vollwertige Mitglieder der Gesellschaft wahrgenommen, Forderungen ignoriert und Chancengleichheit nur als Schlagwort an Fahnen geheftet. Das muss sich ändern. Für eine inklusive, funktionierende Gesellschaft. Aber auch für eine Zukunft, die trotz allem Hoffnung auf Besserung zulässt.

Mehr Lesestoff

Sie möchten noch mehr schmökern? Unter diesem Link gelangen Sie zur Gesamtausgabe des Verbandmagazins "Der Durchblick" des 2. Halbjahres 2022: https://www.blindenverband.at/de/information/durchblick/archiv/1703/Der-Durchblick-2022

Es steht Ihnen der Download als PDF, als Rohtext und auch als Audiofile (MP3) zur Verfügung!

Wenn Sie das Verbandsmagazin abonnieren möchten, so schreiben Sie bitte an: pr@blindenverband.at und lassen Sie uns wissen, in welcher Form (Schwarzdruck, Braille, DAISY) Sie es gerne nach Hause geschickt bekommen würden!

Viel Spaß beim Lesen!

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