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BSVÖ: 16 Tage gegen Gewalt an Frauen. Normalzustand des Untragbaren.

  • Tage gegen Gewalt an Frauen © bsvö

Am 25. November beginnen alljährlich die Aktions- und Informationstage gegen Gewalt an Frauen. Warum es sie mehr denn je braucht, was sie mit Widerstand und Auflehnung zu tun haben, mit struktureller Gewalt und mit Mehrfachgefährdung von Frauen mit Behinderungen betrachten wir in einer vierteiligen Fokusreihe genauer. Den Auftakt macht der erschreckende Status Quo.

2022 neigt sich dem Ende zu und es kann bald Bilanz gezogen werden. Bevor das Jahr aber endet, muss noch ein weiteres Kalendermonat abgewartet werden, das – obwohl es sich um die schöne, friedliche Zeit handeln sollte – oftmals mit besonders großer innerfamiliärer Spannung und erhöhtem Konfliktpotential aufwartet.

28 ermordete Frauen seit Jahresbeginn

Am 26. September dieses Jahres waren in Österreich schon 28 weibliche Mordopfer zu beklagen. Das jüngste sechs, das älteste 87 Jahre spannt sich der Bogen über einen desolaten Zustand der verübten Gewalt.

2021 wurden in Österreich 29 Frauen ermordet, 2018 hatte es sogar 41 Morde an Frauen gegeben. Die Mörder sind meist keine Unbekannten. Partner, Bekannte, Familienangehörige – Aggression und Gewalt entspringen Strukturen, die nur durch umfangreiche Gewaltprävention aufgebrochen werden könnten.

Im Kielwasser der Gewalt

Der Verein Autonomer Österreichischer Frauenhäuser (AÖF) gibt an, dass jede fünfte Frau ab ihrem 15. Lebensjahr körperlicher und/oder sexueller Gewalt ausgesetzt ist, dass jede 3. Frau sexuelle Belästigung erfahren musste und jede 7. Frau von Stalking betroffen ist.  2021 wurden über 13.500 polizeiliche Betretungs- und Annäherungsverbote verhängt. Über 22.000 Menschen wurden in Gewaltschutzzentren betreut (81 Prozent davon waren Frauen und Mädchen).

Die Frauenhelpline gegen Gewalt (0800 222 555) erhielt 2021 rund 9.300 Anrufe, viele davon lösten notwendige Interventionen von Polizei oder Behörden aus.

Mord, Suizid, Femizid

Die bisher verübten Morde an Frauen wurden laut Medienberichten in vielen Fällen vom Suizid der Mörder begleitet. Die Zählung der AÖF inkludiert auch solche sogenannten „erweiterten Suizide“. Auch Mädchen wurden im Rahmen einer Mord/Suizidhandlung aus dem Leben gerissen.

Wenn eine Frau aufgrund ihres Geschlechts getötet wird oder aufgrund ihres Wiederstandes und ihrer angeblichen Verstöße gegen ein traditionell (patriarchales) System, kommt der Begriff des Femizids zum Tragen.

Das europäische Institut für Gleichstellungsfragen definiert Femizid folgendermaßen

Der Begriff deckt u. a. den Mord an einer Frau infolge Gewalt in der Partnerschaft, die Folter und frauenfeindliches Umbringen von Frauen, das Töten von Frauen und Mädchen im Namen der „Ehre“ und anderes in Zusammenhang mit schädlichen Praktiken stehendes Töten, das gezielte Töten von Frauen und Mädchen in bewaffneten Konflikten und Fälle von Femizid in Verbindung mit Banden- oder organisierter Kriminalität, Drogen- sowie Frauen- und Mädchenhandel ab.

Gewalt gegen Frauen mit Behinderungen

Frauen mit Behinderungen nehmen im Gewaltreigen eine besondere Stellung ein. Mehrfachdiskriminierung und Abhängigkeiten machen Gewalt gegen Frauen mit Behinderungen zu einem komplexen und strukturell verfahrenen Problem, den seit Jahren zu wenig institutionelle und politische Aufmerksamkeit zukommt. Fest steht: Solange Frauen (mit oder ohne Behinderungen) österreichweit Gewalterfahrungen ausgesetzt sind, darf die Arbeit der Prävention und der Opferschutz- sowie Unterstützungseinrichtungen nicht ruhen. Und außerdem darf der Fokus nicht vom Fakt abgerückt werden, dass Frauen in größerer Zahl (durch männliche Gewalttäter) ermordet werden. Österreich hat ein Problem, mit dem es leider nicht alleine dasteht. Weltweit sind Frauen häufiger von häuslicher, sexueller, körperlicher und mentaler Gewalt betroffen. Dies als traurige Tatsache zu akzeptieren, ist der falsche Weg in eine sichere und gleichberechtigte Zukunft.

Empowerment, Schutz und Stimme

Zahlreiche Gewaltschutzeinrichtungen und psychosoziale und rechtliche Unterstützungsstellen in ganz Österreich bilden ein dringend gebrauchtes Auffangnetz für Frauen, die Gewalterfahrungen machen müssen. Darüber hinaus tragen unterschiedlichste Vereinigungen, Vereine und Verbände dazu bei, die Stimmen derjenigen an die Öffentlichkeit zu bringen, die Missstände aufzeigen. Der Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich versteht sich als Selbsthilfeorganisation, die blinden Menschen und Menschen mit Behinderungen beratend und aktiv zur Seite steht. Zum Programm gehört auch, die Rechte und das Standing blinder und sehbehinderter Frauen zu stärken. Das Empowerment blinder und sehbehinderter Frauen soll deshalb auch im kommenden Jahr wieder ein Fokusthema ausmachen.

 

Teil II der Reihe BSVÖ: 16 Tage gegen Gewalt an Frauen erscheint am 29.11.2022.   

Weiterführende Quellen

„Femizid“ Begriffsklärung - Europäische Institut für Gleichstellungsfragen: https://eige.europa.eu/de/taxonomy/term/1128

Liste verübter Morde an Frauen 2021 (AÖF): https://www.aoef.at/images/04a_zahlen-und-daten/Frauenmorde-2022_Liste-AOEF.pdf

16 Tage gegen Gewalt an Frauen (Bundeskanzleramt): https://www.bundeskanzleramt.gv.at/agenda/frauen-und-gleichstellung/gewalt-gegen-frauen/initiative-gewalt-gegen-frauen-und-kampagnen/16-tage-gegen-gewalt.html

Frauen gegen Gewalt E.V.: https://www.frauen-gegen-gewalt.de/de/infothek/toetung-von-frauen-femizid/merkmale-und-tatsachen.html

„Familiäre Gewalt“ - Wiener Interventionsstelle Gegen Gewalt in der Familie: https://www.interventionsstelle-wien.at/gewalt-gegen-frauen-und-kinder

 

 

 

 

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