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BSVÖ in der Pride Week: Wie muss, soll, darf gegendert werden?

  • Regenbogenfahne © open source

Sprache verändert sich ständig. Sprache verändert aber auch uns! Wie wir die Welt beschreiben und bezeichnen spiegelt einerseits unsere Wahrnehmung und wirkt sich andererseits auf unser Wahrnehmen aus. Ein sensibler Sprachgebrauch, bei dem niemand diskriminiert oder ausgeschlossen wird ist also eine wichtige Grundlage für ein respektvolles Miteinander.

Der Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich (BSVÖ) setzt sich seit über 75 Jahren für eine inklusive und gleichberechtigte Gesellschaft ein, in der allen Menschen die gleichen Chancen eingeräumt werden. Es ist also nur folgerichtig und zeitgemäß, auch auf die Wortwahl zu achten. Hier den für alle richtigen Weg zu finden, ist aber gar nicht so einfach…

Respekt zeigen, Vielfalt anerkennen

Inzwischen ist der Begriff „Gendern“ kein großes Mysterium mehr. Das gilt nicht nur im Rahme der Pride-Woche in Wien, die von 1.-12. Juni 2022 verschiedenste Themenbereiche rund um Gleichstellung, Menschenrechte, Vielfalt und Akzeptanz bespielt. Wer stur im generischen Maskulinum bleibt und weiterhin von Politikern, Arbeitern oder Lehrern spricht obwohl sich unter den gemeinten Personen nicht nur Männer befinden, verpasst die Möglichkeit, die gesellschaftliche Vielfalt auch in Worten abzubilden.

In der Sprachverwendung darauf zu achten, möglichst alle Menschen zu inkludieren, kann nun auf unterschiedliche Weisen passieren. Und weil die deutsche Sprache komplex ist und das Genus, also das grammatische Geschlecht von Hauptwörtern drei Varianten kennt (weiblich, männlich, sächlich), mussten neue Wege erdacht werden, um alle zu inkludieren, ohne die Sprachökonomie zu sehr zu strapazieren.

Gap, Stern und Punkt

Am Anfang war das Binnen-I. Parallel zur Form der Doppelnennung (Lehrerinnen und Lehrer) entwickelte sich auch die Option der Kürzung. Die Variante mit groß geschriebenem „I“ schrumpft die doppelte Anführung auf LehrerInnen. Aber weil die Sprache, wie schon erwähnt, ständig im Fluss ist und das Binnen-I inzwischen als Kennzeichen für eine Weltsicht gewertet wird, die in männlich und weiblich unterteilt und alle Töne und Nuancen dazwischen unter den Tisch fallen lässt, etablierten sich auch andere Formen. Der Gender-Gap (Lehrer_innen), der Doppelpunkt (Lehrer:innen) oder das Sternchen (Lehrer*innen) zeigen andere Varianten auf, menschliche Vielfalt abzubilden.

Inhalt und Form – eine Einstellungssache?

Während es für den BSVÖ von Anfang an wichtig war, dass auch sprachlich niemand exkludiert wird, kann das Gendern aber eine Krux darstellen, die sich nicht so einfach lösen lässt: blinde und sehbehinderte Menschen, die Texte mittels Sprachausgabe lesen, werden durch die Verwendung von Sonderzeichen oft aus dem Lesefluss geworfen; Doppelnennungen verlängern die Lesedauer.

Welche Gender-Variante nun diejenige ist, die das Lesen am wenigsten unterbricht, liegt mitunter nicht nur am persönlichen Empfinden, sondern auch an den Einstellungen, die das jeweilige Sprachausgabe-Programm zulässt. Klar ist wohl: ohne Kompromiss geht es nicht.

Neutralität beweisen

Eine Möglichkeit, alle miteinzubeziehen und dennoch zu lange Satzkonstruktionen oder Sonderzeichen zu vermeiden besteht darin, eine geschlechtsneutrale Sprache zu verwenden. Dazu braucht es nur ein wenig Routine, dann kommen die gendergerechten Begriffe schon ganz von allein in den Sinn! Von A wie Arbeiter = Arbeitskraft über mannshoch = lebensgroß bis hin zu Z wie Zuschauerquote = Einschaltquote lassen sich in vielen Fällen Optionen finden, die nicht eindeutig männlich markiert sind. Wer partout nicht das genderneutrale Wort finden kann, kann es im Internet probieren. Webseiten wie geschicktgendernd.de helfen auf die Sprünge!

Empfehlung auf den Punkt gebracht

Der Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich verwendet für alle Fälle, in denen eine geschlechtsneutrale Formulierung nicht gut klappt oder die Sprachökonomie erhalten bleiben soll den Doppelpunkt. Aus Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen wird so etwa Mitarbeitende oder Mitarbeiter:innen.

Sprache soll die Vielfalt der Gesellschaft abbilden und alle sichtbar machen. Der Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich ist sich bewusst, dass dies nicht geht, ohne Zwischenwege und Kompromisse zu akzeptieren. Aber auch hier haben wir es mit einer ständigen Veränderung zu tun – es wird sich zeigen, welche Möglichkeiten die Zukunft bringt!

Weiterführende Links

BSVÖ „Gendern“: https://www.blindenverband.at/de/information/gendern

Geschlechtsneutral Gendern – eine hilfreiche List: https://geschicktgendern.de

Programm der Vienna Pride 2022: https://viennapride.at/

 

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