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Zauberwort mit „B…“ - Interview mit Mag. Horst Garnitzer des Bundes Bildungsinstitut - Schwerpunkt Sehen

"Der Durchblick" im Fokus

Ende des letzten Jahres sprach "Der Durchblick" mit Mag. Horst Ganitzer, dem provisorischen Leiter der Direktion des Bundes Bildungsinstituts - Schwerpunkt Sehen (BBI) über Bildung, Inklusion und natürlich über die Herausforderungen der Pandemie. Homeschooling, Distancelearning, das digitale Klassenzimmer - Horst Ganitzer gab Einblicke in den Schulalltag zwischen Normalität und Ausnahme.

Mit der Schule beginnt der Ernst des Lebens, heißt es. Es beginnt aber auch die Möglichkeit, die Basis für ein selbstbestimmtes Leben aufzubauen und einer schwierigen Arbeitsmarktsituation möglichst gut ausgerüstet entgegen zu treten. Dafür muss aber ein Bildungssystem vorhanden sein, das barrierefrei und krisenresistent mit den Anforderungen aller umgeht und niemanden zurücklässt.

Spätestens seit Corona wurde an den Eckpfeilern eines sicheren Bildungsangebots gesägt. Aber auch schon davor zeigten sich sowohl in der Basis, als auch bei Fort- und Weiterbildung für blinde und sehbehinderte Menschen Lücken. Noch immer können nicht alle Berufswünsche auch tatsächlich ausgeübt werden, noch immer fehlt es oft an Ressourcen, an barrierefreien Lehrmaterialen und Unterlagen. Dabei ist ein umfassender und chancengleicher Bildungsweg die Grundlage für den Einstieg in den Arbeitsmarkt und somit den Einstieg in ein möglichst selbstbestimmtes Leben. 

Das Bundes-Bildungsinstitut Schwerpunkt Sehen (BBI) vereinigt mehrere Einrichtungen und bietet die Möglichkeit, blinde Menschen und Menschen mit Sehbehinderungen vom Kindergarten über die Vorschule durch die Pflichtschule bis hin zur Polytechnischen Schule zu begleiten. Im Moment werden 147 blinde und sehbehinderte Schüler_innen unterrichtet.

In einem (virtuellen!) Gespräch mit Horst Ganitzer des BBI, kamen unter anderem die Themen Hilfsmitteloptimierung, Distance-Learning und Digitalisierung auf den Tisch. Außerdem verriet der provisorische Leiter des BBI, was er sich für die zukünftigen Bildungsmöglichkeiten blinder und sehbehinderter Jugendlicher wünscht.

Der Durchblick ©BSVÖ

Der Durchblick: Wo sehen Sie die größten Herausforderungen, die blinde Menschen und Menschen mit Sehbehinderungen auf ihrem Bildungsweg erwarten?

BBI: Eine große Herausforderung ist sicher die barrierefreie Aufarbeitung des Lernstoffes. Durch unsere Lehrmittelzentrale versorgen wir in ganz Österreich den Integrationsbereich. Es müssen etwa komplexe Darstellungen wie z.B. in der Mathematik tastbar dargestellt werden, um im Unterricht von Nutzen zu sein. Es ist großes Ziel von uns, die Hilfsmittel von den Benutzer_innen testen zu lassen und immer wieder zu optimieren.

Der Durchblick: Im Braille-Zentrum des BBI werden Bücher, Zeitschriften, taktile Pläne und noch viele weitere Produkte in Braille produziert. Wie schätzen Sie den Stellenwert von Braille im heutigen Zeitalter ein?

BBI: Lesen ist der Grundstein der Bildung. Es ist richtig, dass durch die Digitalisierung und Sprachausgabe Wissen auch ohne Lesen vermittelt werden kann. Schüler_innen im BBI werden dazu angehalten, zu lesen. So ist es für alle Schüler_innen auch möglich, Texte in Braille auf Papier auszudrucken, da sich in jedem Stock ein Brailledrucker befindet.

Der Durchblick: Stellen Sie sich die ideale Schule in 20 Jahren vor. Was hat sich geändert und was braucht es bis dahin?

BBI: Bildung und Schule wird in den nächsten Jahren viel rascher auf die Anforderungen der Gesellschaft reagieren müssen. Wie die Schule in 20 Jahren aussehen wird, wissen wir erst, wenn wir die Herausforderungen der nächsten Jahre erkennen und Lösungen ausarbeiten.  

Der Durchblick: Die COVID-Pandemie bringt für blinde und sehbehinderte Menschen ganz besondere Hürden mit sich und sie betrifft natürlich auch den Unterricht. Was ist neu im Schuljahr 2020/21?

BBI: Die größte Hürde im Lockdown war bestimmt das Distance-Learning. Einerseits waren Schüler_innen benachteiligt, weil ihnen die Ausrüstung wie PCs, Internetzugang, usw. fehlte. Andererseits waren wir damit konfrontiert, dass es kein optimales Tool gab, um den Lernstoff wirklich barrierefrei zu kommunizieren. Im Schuljahr 20/21 wurde sofort damit begonnen Schüler_innen und Lehrer_innen auf ein einheitliches Tool einzuschulen.

Der Durchblick: Was denken Sie, kann aus der Krise mitgenommen werden, was den Unterricht und die Bildungsmöglichkeiten angeht? Ist ein digitaler Unterricht eine Lösung oder eher ein Notfallsplan, der neue Probleme bringt?

BBI: Digitaler Unterricht wird in Zukunft bestimmt ein fixer Bestandteil sein. Man muss allerdings aufpassen, dass wir damit nicht soziale Analphabeten produzieren.

Der Durchblick: Was wünschen Sie sich für die (Aus-)Bildungs- und Berufsmöglichkeiten blinder und sehbehinderter Menschen in Zukunft?

BBI: Ein besonderes Anliegen ist mir die berufliche Ausbildung von blinden und sehbehinderten Jugendlichen. Ich möchte hier Nischen aufspüren und neue Berufsfelder entwickeln. Mein Team und ich werden hier in den nächsten Jahren einen Schwerpunkt setzten.

Mag. Horst Ganitzer

Mag. Ganitzer kommt aus Salzburg und ist schon seit Jahren am BBI tätig. Er unterrichtet dort die kreativen Fächer wie Werkerziehung. Seit Oktober 2020 hat er die provisorische Leitung des BBI übernommen. Er ist auch noch an der Universität für angewandte Kunst tätig.

Weiterführende Links

Webseite des Bundes Bildungsinstituts - Schwerpunkt Sehen: https://www.bbi.at

Schule und Panemie - Artikel des BSV WNB: "Wir haben viel gelernt": https://www.blindenverband-wnb.at/blog/wir-haben-viel-gelernt/

Mehr Lesestoff

Sie möchten noch mehr schmökern? Unter diesem Link gelangen Sie zur Gesamtausgabe des Verbandmagazins "Der Durchblick" des 2. Halbjahres 2020: https://www.blindenverband.at/de/information/durchblick/archiv/959/Der-Durchblick-2020

Es steht Ihnen der Download als PDF, als Rohtext und auch als Audiofile (MP3) zur Verfügung!

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Viel Spaß beim Lesen!

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