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BSVÖ: Disability Pride Month II: Trautes Heim, Frust allein

  • BSVÖ Pride © BSVÖ

Der Juli ist Disability Pride Month und wir legen den Fokus auf verschiedene Bereiche der Barrierefreiheit, Inklusion und Teilhabe!
Wenn im Leben blinder und sehbehinderter Menschen schon vor der Haustüre die täglichen Barrieren beginnen, kann man sich wenigstens daheim entspannt darauf verlassen, dass alles klappt. Oder? Weit gefehlt – auch in den eigenen vier Wänden steckt großes Frustpotential…

Zu ebener Erd‘…

Um möglichst selbstbestimmt durch den Alltag zu gelingen, sollten so wenige Hindernisse darauf lauern, zu Stolperfallen und Sackgassen werden zu können. Weil aber Barrieren in so ziemlichen allen Bereichen anzutreffen sind, haben sich blinde und sehbehinderte Menschen oft einen regelrechten Strategien-Katalog zurechtgelegt, wie sie unbeschadet und so selbstständig wie möglich durch den Tag kommen. Manchmal aber helfen auch die ausgeklügeltsten Taktiken nicht weiter.

Oft beginnt es schon im Eingangsbereich: Zwar gibt es einen Lift, er funktioniert aber nur mit Touch-Screen und hat keine Audio-Ausgabe. Wohin soll die Reise gehen? Ab nach oben – aber wie weit ist dann doch oft reine Glückssache – angenommen, es kann überhaupt eine Auswahl getroffen werden, die den Lift aufwärts schickt.

Ist das Steuerfeld nicht nach dem Mehrsinne-Prinzip aufgebaut, bleibt im schlimmsten Fall nur die Treppe. Dass dies aber keine ernstzunehmende Alternative ist, muss wohl nicht betont werden.

…und erstem Stock

Endlich in der Wohnung angekommen, warten aber schon die nächsten Hindernisse. Ist das eigene Heim auch sonst den Wünschen, Vorstellungen und Bedürfnissen so gut angepasst wie möglich – schließlich möchte man sich ja zumindest daheim rundum wohl fühlen können – werden Haushaltsgeräte oft zu Gegenspielern des häuslichen Friedens.

Espresso, Schleudern und Gläserprogramm

Vor allem modernere Haushaltsgeräte haben es in sich: jede Menge komplizierte Elektronik und ausgefeilte Bedienoptionen, die theoretisch keine Wünsche offen lassen. So kann Füllmenge und Reibungsgrad der edlen Kaffeebohne für den perfekten Nachmittagsespresso ebenso festgelegt werden wie das Waschprogramm für besonders heikle Wäsche. Der Herd kocht das Abendessen auf Befehl mit dem „Superbooster“  dreimal so schnell und die Küchenmaschine spielt sowieso alle Stücke. Theoretisch zumindest.

Wir verstehen uns (nicht)

Praktisch werden mit aufwendigen Auswahlverfahren und Einstellungen an Haushaltsgeräten nicht nur die Optionen mehr, sondern auch die Barrieren. Denn geben die Geräte ihre Einstellungen nur mittels visueller Reize preis und fehlen Auswahlmöglichkeiten, die ertastet oder gehört werden können, wird die Bedienung zum Ratespiel. Für blinde und stark sehbehinderte Nutzer:innen bedeutet dies entweder, sich eigene Wege anzueignen, die Bedienung zu erlernen (sofern dies überhaupt möglich ist), auf andere Geräte umzusteigen (die oft älter oder auch bedeutend teurer sind) oder andere um Hilfe zu bitten. Für die Selbstbestimmtheit bedeutet dies die rote Karte.

Universal Design vor ästhetischem Design

Moderne Haushaltsgeräte folgen neben gesteigerten Ansprüchen an ihre Funktionen auch oft Designtrends. Schlanker, weniger Knöpfe, mehr Touchscreens. Information, die am besten gleich direkt an das Smartphone gekoppelt ist und ein Bedienfeld, das sich unauffällig ins Gerät fügt. Dabei wäre es wichtiger, beim Entwickeln neuer Produkte die Bedienbarkeit für alle Menschen nicht zu vergessen. Denn was für blinde und stark sehbehinderte Menschen notwendig ist, kann auch etwa für ältere Menschen oder Menschen mit eingeschränkter Motorik von klarem Vorteil sein. Und von einer einfachen Bedienbarkeit profitieren am Ende alle Nutzer:innen!

Home designed for all -

Der Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich engagiert sich gemeinsam mit dem Schweizer Zentralverein für das Blindenwesen und dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband  im Rahmen der Home Designed for All - Arbeitsgruppe (vormals DACH Haushaltsgeräte) dafür, dass Hersteller:innen bei der Produktentwicklung Barrierefreiheit mitplanen und dass der Thematik mehr Gewicht verleihen wird: in der Öffentlichkeit, in den Medien, in der Politik und in der Wirtschaft.

Mehr Informationen finden Sie unter

BSVÖ-Webseite der Arbeitsgruppe: https://www.blindenverband.at/de/information/BarrierefreieHaushaltsgeraete

Übersichtsseite des DBSV: https://www.dbsv.org/home-designed-for-all.html

 

 

 

 

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