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Das Europäische Barrierefreiheitsgesetz kommt – der Inhalt ist jedoch enttäuschend

EU-Institutionen einigen sich auf schwachen Kompromiss

Nach langwierigen Verhandlungen wurde letzte Woche eine Einigung erzielt – der European Accessibility Act (EAA) kommt und enttäuscht die europäische Behindertenbewegung und ihre Mitglieder. Hauptbestandteil ist die digitale Barrierefreiheit, die reale Welt in der Menschen mit Behinderungen leben wurde größtenteils ausgespart.

Das Europäische Gesetz zur Barrierefreiheit legt neue EU-weite Mindestanforderungen für Barrierefreiheit für eine begrenzte Palette an Produkten und Dienstleistungen fest. Es wurde von der Europäischen Kommission im Jahr 2015 vorgeschlagen, nachdem die Behindertenbewegung mehr als zehn Jahre lang dafür gekämpft hatte. Nun muss eine Reihe an Produkten und Dienstleistungen für Millionen Menschen mit Behinderungen in der EU zugänglich und nutzbar gemacht werden. Das betrifft unter anderem Computer, Smartphones, Fernsehgeräte, Geldautomaten, Zahlungsterminals, E-Books, E-Reader, Webseiten und mobile Anwendungen von privaten Unternehmen sowie Fahrkartenautomaten. Ebenso müssen die Notrufnummer 112 und die Telefondienste barrierefrei nutzbar sein.

Erwartungen wurden enttäuscht

Davon abgesehen fehlen wesentliche Elemente. Städtischer Nahverkehr wurde ebenso ausgespart wie Kleinstunternehmen, Tourismus oder Haushaltsgeräte. Auch die bauliche Umwelt, die reale Lebensumwelt der Menschen, fehlt.

Yannis Vardakastanis, Präsident des Europäischen Behindertenforums, erklärte dazu: „Die Mitgliedstaaten der EU haben ihre Bürger mit Behinderungen enttäuscht. Es scheint eher eine Europäische Union der Unternehmen zu sein als eine Europäische Union der Menschen.“ Er fügte hinzu: „Die EU-Mitgliedsstaaten müssen über den Geltungsbereich des Gesetzes hinausgehen, wenn sie wollen, dass sich etwas ändert. Sie müssen sicherstellen, dass Menschen mit Behinderungen den gleichen Zugang zu Orten, Produkten und Dienstleistungen haben wie alle anderen.“ Und Rodolfo Cattani, Vorsitzender der EBU Verbindungskommission mit der EU, bleibt hoffnungsvoll: "Trotz der vertanen Chance hoffen wir, dass der EAA Dinge in Bewegung setzen wird und in Richtung zugänglichere Güter, Dienstleistungen und Systeme für über 30 Millionen blinde und sehbehinderte Europäerinnen und Europäer."

Nächste Schritte

Die EU-Institutionen werden nun die technischen Details des Textes finalisieren und danach den Beschluss ratifizieren. Da es sich um eine Richtlinie handelt, müssen die Mitgliedsstaaten den Text nach seiner Veröffentlichung in ihre nationalen Gesetze übertragen - eine Chance für die nationalen Behindertenorganisationen, sich für möglichst weitreichende Maßnahmen und Normen einzusetzen.

Quelle: European Disability Forum, EBU

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